Nach welchem Gefühl sehnst du dich?

Während eines Telefon-Mentorings beklagte sich eine Mentee kürzlich, dass sich dieses Gefühl einfach nicht einstelle nachdem sie sich so sehne und von dem sie glaubte, dass es mein Dauerzustand sei.

„Beschreibe mir dieses Gefühl“, bat ich sie, „in welcher Situation hast du es schon mal gehabt?“ „Naja“, antwortete sie etwas verschämt, „ich habe dieses Gefühl immer dann, wenn bestimmte Männer mir Aufmerksamkeit schenken. Und gleichzeitig ist mir durch unsere Zusammenarbeit bewusst, dass ich mich dadurch von diesen Männern abhängig mache. Doch ich schaffe es einfach nicht, dieses Gefühl selbst zu erzeugen, egal wie sehr ich versuche, mir mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das frustriert und verunsichert mich. Und spätestens dann will ich nicht so recht glauben, dass das auch ohne die Aufmerksamkeit von Außen funktionieren soll.“

„Könnte man dieses Gefühl als eine Art Rausch bezeichnen, bist du dann regelrecht high?“ fragte ich nach. „Ja, irgendwie schon“ antwortete sie zögernd.

„Ich kenne dieses Gefühl sehr gut nachdem du dich da sehnst, denn ich habe es früher auch gejagt. Doch es ist tatsächlich das High eines Junkies und je mehr wir es jagen, desto abhängiger werden wir.“

Nicht weil wir falsch sind, bleiben wir oft in unseren Abhängigkeiten stecken, sondern weil wir das Falsche an der falschen Stelle suchen.

Nach jedem Hoch muss ein Tief folgen

Stellen wir uns dieses Hochgefühl mal wie eine Welle vor. Und egal wie lange das Hoch dauert, um das nächste High zu erreichen, braucht es zunächst ein Tief. Denn kein Hoch dauert ewig.

Früher hatte ich dieses High beispielsweise, wenn die Waage morgens 500 g weniger anzeigte. Doch im Laufe des Tages ging das Hochgefühl verloren. Also hoffte ich am nächsten Morgen darauf, dass die Waage wieder 500 g weniger anzeigte. Denn selbst das Halten des Gewichts konnte das Hochgefühl nicht festhalten.

Und spätestens wenn die Waage 500 g mehr als am Vortag anzeigte, stürzte ich in ein Tief. Die Jagd nach dem Hochgefühl machte mich abhängig von einer Zahl auf einem Messgerät.

Genau so wie uns die Jagd nach Anerkennung durch Blicke, Worte oder Likes abhängig von der Meinung und Stimmung anderer Menschen macht.

Wenn wir so leben, geht es fremdgesteuert rauf und runter, wieder rauf und wieder runter. Und währenddessen verbrauchen wir eine Menge Energie. Dieser Energieverbrauch lässt unser Leben als so anstrengend erscheinen. Und egal wie sehr wir uns bemühen, es wird nicht funktionieren.

Denn denken wir meine Erfahrung mit der Waage mal weiter: Je häufiger ich es geschafft hätte 500 g abzunehmen, desto schneller wäre ich verhungert…

Begrenzte Energie

Nehmen wir an, die Strecke von A nach B steht für den Lebensabschnitt, in dem du dich gerade befindest. Und stell dir vor, du würdest diese Strecke tatsächlich gehen. Dir wird doch sofort klar, dass die graue Strecke deutlich mehr Energie verbraucht und dass die goldene Strecke der energiesparende Weg ist, oder?

Es geht hier nicht darum, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Sondern es geht darum zu verstehen, dass ich den Weg von A nach B sowieso gehe. Und je geradliniger ich innerlich gehe, umso mehr Energie habe ich übrig, die ich bewusst einsetzten kann.

(M)ein Grundgefühl

Möglicherweise fragst du dich jetzt, wie ich mich denn nun grundsätzlich fühle.

Gefühle und Zustände mit konkreten Worten zu beschreiben ist trickreich. Denn es erscheinen sofort gewisse Bilder in unseren Köpfen. Und zwar die Bilder, die wir gelernt haben damit zu verknüpfen. Deshalb bin ich beispielsweise vorsichtiger mit der Verwendung des Wortes „Glück“ geworden. Denn das was viele mit „glücklich sein“ verbinden ist zu nah an „high sein“ dran.

Daher versuche ich mal, mein Grundgefühl mit Hilfe eins neutralen Bildes zu beschreiben: Stell dir einen Baum vor, der so tief und sicher in der Erde verwurzelt ist, dass ihm auch der stärkste Sturm nicht viel anhaben kann. Anders gesagt:

Ich bin tief in mir selbst verankert und deshalb gut gewappnet gegen die Stürme des Lebens.

Und diesen Ort in mir kann mir nichts und niemand nehmen. An diesen Ort kehre ich immer wieder zurück, von dort aus betrachte ich das Leben, die Welt.

Mein Grundgefühl ist eher ein stetiges Gefühl von Gelassenheit, eine Sicherheit in mir, die mich frei und unabhängig von Äußerlichkeiten und äußeren Umständen macht, als ein großes Glücksgefühl.

Ein Baum versucht nicht, das Wetter zu bekämpfen. Er passt sich den Gegebenheiten an. Seine Äste sind biegsam, sie stellen sich nicht gegen den Sturm, sie bewegen sich mit ihm. Wenn wir dem Leben zu starr entgegen treten, kontrollieren und kämpfen, ist die Gefahr groß, dass wir gebrochen werden. Doch je mehr wir uns dem Leben anpassen und biegsam sind, desto stärker wird unsere Verankerung in uns selbst.

Was heißt das jetzt konkret?

Ich lenke meine Aufmerksamkeit bewusst auf die Dinge, die ich tatsächlich beeinflussen kann (energy flows, where attention goes).

Beispielsweise sind mir die Meinungen anderer Menschen über mich nicht mehr wichtig. Und zwar nicht deshalb, weil mir andere Menschen unwichtig sind. Sondern weil ich einerseits verinnerlicht habe, dass jede Meinung über mich sehr viel mit der anderen Person zu tun hat und sehr wenig mit mir. Ob man mir diese Meinung nun mitteilt, oder nicht. Ich kann nicht kontrollieren, was andere (über mich) denken und warum sie genau das denken.

Und andererseits ist mir ebenfalls bewusst, dass ich – wenn ich mich selbst nicht mag – alles was ich höre, durch einen negativen Filter höre, das Negative schwerer gewichte und meine Negativität in die Aussagen anderer hineininterpretiere.

Was andere mit dem meinen was sie sagen ist nicht unbedingt das, was bei uns ankommt.

Überlege doch mal, wie oft du schon Anerkennung und Zuspruch von anderen Menschen bekommen hast. Und wie lange konntest du davon zehren? Ist es nicht so, dass du immer wieder Nachschlag brauchst? Warum das so ist? Weil du Positives im Grunde nicht glaubst, was andere dir – oder über dich – sagen. Denn es entspricht nicht deiner Meinung über dich. Und das beweist, dass letztlich nur deine Meinung entscheidend ist:

„People will never rise above the opinion of themselves“ (Peter Sage).

Letztlich hängt ALLES von unserer Beziehung zu uns selbst ab.

Und die kannst du – unabhängig von der Meinung anderer, von deinem Aussehen, deinem Gewicht und deinen Leistungen – jederzeit und immer wieder, intensivieren und verbessern.

Auch in dir gibt es diesen Platz an dem du finden kannst, wonach du dich wirklich so sehr sehnst.

MIND your mental MEALS.

MindMuse Simone