Manifestieren? Ohne tun tut sich nichts!

Hast du es schon mal mit Manifestieren probiert?

Gerade zum Jahresbeginn gibt es viele Coaches in der spirituellen Selbsthilfe-Szene, die dazu aufrufen und Challenges oder Kurse dazu anbieten. 

Doch funktioniert Manifestation? 

Mit dem Manifestieren ist es so, wie mit vielen Methoden in dieser Szene. Es gibt etwas Wahrheit und Wissenschaft dahinter und es gibt nicht wissenschaftliche Unwahrheit.

Und diese Mixtur ist es, die bei vielen Menschen dazu führt, dass sie sich schuldig fühlen, weil das Manifestieren bei ihnen nicht so funktioniert, wie es angeblich soll.

Was ist Manifestieren überhaupt?

Manifestieren taucht als Begriff erstmals im 19. Jahrhundert als Idee von Okkultisten auf. Richtig populär geworden ist es durch den Film und das Buch „The Secret“.  Und dieses „Geheimnis“ ist das sogenannte „Gesetz der Anziehung“. Dieses Gesetz besagt, dass Gleiches Gleiches anzieht. In Bezug auf das Manifestieren soll das heißen, dass positive Gedanken die Realität positiv beeinflussen. 

Und hier wird es tricky. Denn das stimmt und es stimmt nicht. Anders gesagt: Meine Gedanken haben einen großen Einfluss auf meine Wahrnehmung der Realität und somit auf mein ErLeben. Aber meine Gedanken sind nicht für alles, was mir in meinem Leben passiert, verantwortlich.

Das Gesetz der Anziehung

Das „Gesetz der Anziehung“ ist eines der sogenannten geistigen (universellen oder hermetischen) Gesetze. Und diese werden oft in einem Atemzug mit den physikalischen Gesetzten genannt. Generell muss im Zusammenhang mit dem Manifestieren oft die Quantenphysik als Erklärung herhalten. Das ist deshalb ganz „praktisch“, weil die so gut wie keiner versteht. Doch das geben die wenigsten zu.

Abgesehen davon wirkt ein physikalisches Gesetz unter denselben Voraussetzungen immer, ein geistiges aber nicht. Deshalb ist schon die Bezeichnung „Gesetz“ der Anziehung fragwürdig.

Wenn ich beispielsweise einen Stein in der Hand habe und ihn fallen lasse, wird er – sofern ich auf der Erde und nicht im Weltraum bin – immer nach unten fallen. Das ist das Newtonsche Gravitationsgesetz.

Ganz ohne Manifestieren (selbst)sicherer werden mit

Ziehen wir unser Unglück wirklich an?

Manifestieren auf Basis des Gesetzes der Anziehung funktioniert so nicht. Doch genau das wird beispielsweise im Film „The Secret“ vermittelt. Sinngemäß wird dort gesagt: Alles, was mir passiert, habe ich vorher (unbewusst) herbei gedacht. Wenn ich einen Autounfall habe, dann bin ich selbst daran schuld, weil ich diesen Unfall angezogen habe. In diesem Fall soll ich also negativ manifestiert haben. 

Und wenn ich zu wenig Geld habe, dann ist das auch meine Schuld, denn ich könnte es mir einfach herbei manifestieren. Hierzu muss ich mir angeblich einfach nur konkret vorstellen, wie ein Scheck in meinen Briefkasten flattert. Passiert das dann, weil Großtante Erna aus Buxtehude mir Geld vererbt, liegt es am richtigen Manifestieren. Passiert es nicht, liegt es an mir.

Doch während der Stein immer nach unten fällt, bekomme ich nicht immer das, woran ich denke, was ich erwarte oder befürchte.

Egal wie gut und wie oft ich etwas bewusst oder unbewusst manifestiere.

Positive Ergebnisse durch negatives Manifestieren?

Würde das Gesetz der Anziehung tatsächlich funktionieren, wäre mein erstes Meeting bei den Overeaters Anonymous vor vielen Jahren ein Desaster gewesen und ich hätte dort mindestens eine Person getroffen, die mich gekannt und geoutet hätte. Denn ich hatte davor ganz sicher keine positiven Gedanken.

Ich war total aufgeregt, hatte Angst und bin nur dort hingegangen, weil ich einerseits sehr verzweifelt war und andererseits die Wahrscheinlichkeit gering war, dort jemanden zu treffen, den ich kannte.

Doch dieses erste Meeting war sehr hilfreich und positiv für mich. Denn es war ein Amerikaner zu Gast, der seine Essproblematik bereits hinter sich gelassen hatte. Und das, was er sagte und wie er sich zeigte, war sehr anziehend für mich. Deshalb ging ich weiter zu den Meetings.

Ich habe mich schon öfters gefragt, wie mein Weg verlaufen wäre, wenn er damals nicht dagesessen wäre. Denn in all den Jahren war er der einzige Gast, den wir hatten. Und es gab viele Meetings, die nicht so hilfreich waren.

Warum war ausgerechnet dieses Meeting mein erstes? Keine Ahnung. Möglicherweise war es Glück, Zufall oder es war vielleicht eine höhere Macht am Werk. Aber am Manifestieren lag es sicher nicht.

Je mehr du (an dich) glaubst, desto besser funktioniert es

Das Paradoxe am Manifestieren ist doch, genauso wie bei der positiven Psychologie und bei Affirmationen, dass es vor allem bei denjenigen (angeblich) funktioniert, die bereits von vorneherein mehr an sich selbst glauben (können), als andere. Hier findest du eine Studie dazu.

Und das, was wir (über uns) glauben, können wir uns nicht durch Manifestieren oder andere positive Statements ausreden. Wir können uns aber bewusst machen, welche Auswirkungen das, was wir glauben, auf unser ErLeben hat. Und wir können verstehen, dass andere Menschen andere Dinge glauben und dass das andere Auswirkungen auf deren ErLeben hat.

Manifestieren

Negative Ergebnisse durch negatives Manifestieren?

Kommen wir nochmal zu dem Autounfall zurück. Nehmen wir einmal an, ich halte mich für eine sehr schlechte Autofahrerin. Und nehmen wir weiter an, dass ich große Angst vor einem Autounfall habe. Unter diesen Voraussetzungen stresst mich das Autofahren weitaus mehr als eine Frau, der sich für eine sehr gute Autofahrerin hält und die nie über Unfälle nachdenkt.

Mein Stress, basierend auf meinem Selbstbild und den dazugehörigen Gedanken und Gefühlen, könnte meine Unfallgefahr erhöhen. Doch ich könnte diesen Risikofaktor Stress nicht einfach dadurch abbauen, indem ich mir sage: „Ich kann super Auto fahren.“ Denn das würde ich nicht glauben.

Doch ich könnte mich damit auseinandersetzen, warum ich mich für eine schlechte Autofahrerin halte und Angst vor Unfällen habe. Und ich könnte diesen Stressfaktor verstehen lernen und meine Glaubenssätze hinterfragen. Und dadurch könnte sich mein Selbstbild mit der Zeit ändern. Aber dafür bräuchte es mehr als Manifestieren.

Fazit

Manifestieren hilft vor allem Manifestations-Coaches. Denn wenn sie das Manifestieren überzeugend verkaufen, verdienen sie damit viel Geld und glauben dann wieder, dass das am Gesetz der Anziehung liegt. Tut es aber nicht. Es liegt an ihrer positiveren Selbstwahrnehmung, die dazu führt, dass sie überzeugter verkaufen können.

Auch liegt es daran, dass unsichere Menschen sich einerseits nach einfachen Lösungen sehnen: „Ich muss mir nur etwas vorstellen, dann bekomme ich es auch genau so“ klingt verlockend simpel. Denn dafür muss ich nichts tun.

Andererseits suchen genau diese Menschen aufgrund ihres negativen Selbstbilds die Schuld gerne bei sich selbst und hinterfragen daher bei Misserfolgen nicht Methoden wie das Manifestieren, oder die Coaches, die das Manifestieren anpreisen, sondern sich selbst.

Wenn alle gleich gut oder dasselbe manifestieren …

Und es gibt ein weiteres, ganz praktisches Problem mit dem Manifestieren: Nehmen wir mal an, das Gesetz der Anziehung würde – wie ein „richtiges“ Gesetz tatsächlich immer funktionieren. Und nehmen wir mal weiterhin an, mein Nachbar und ich wären beide Manifestations-Profis. Was passiert dann, wenn er Regen manifestiert und ich Sonne?

Und was geschieht, wenn wir beide den gleichen Lottogewinn manifestieren? Wer bekommt ihn dann, oder wird er geteilt? Und was ist, wenn tausende andere Menschen das auch tun? Selbst wenn wir dann alle gewinnen würden, wäre der Gewinn durch das Teilen nur noch einen Bruchteil der ursprünglichen Summe wert.

Spätestens an diesem Punkt wird doch offensichtlich, dass wir Menschen eben nicht für alles, was in unserem Leben passiert, verantwortlich sind. Wir können vieles in unserem ErLeben ändern, wenn wir uns selbst besser verstehen. Und wir sind dazu in der Lage, unsere Einstellung zu Situationen zu hinterfragen, die wir nicht ändern können. 

Doch es gibt Grenzen. Und wenn es um irgendeine Form der physischen Veränderung geht – wir beispielsweise mehr Geld verdienen wollen –  macht es Sinn, über unsere Vorstellungskraft hinaus ins Handeln zu kommen.

Manifestieren, wie „The Secret“ es vermittelt, ist Murks. 

Mind your beliefs.

MindMuse Simone

P.S.:

Falls du an weiteren kritischen Beiträgen über das Manifestieren interessiert bist, empfehle ich dir die Videos  „Wünsche manifestieren per Quantenphysik“ der Quarks Science Cops und/oder „the law of attraction: fact or fiction?“ von James Jani (Englisch) auf YouTube.