Das Pareto Prinzip:
Inspiration von einem Erbsenzähler

Kennst du das Pareto Prinzip oder – wie es auch häufig genannt wird – die 80-20-Regel?

Eigentlich wird das Pareto Prinzip überwiegend im Zeit- und Produktivitätsmanagement verwendet. Aber ich nutze es auch in ganz anderen Bereichen in meinem ErLeben.

Was ist das Pareto Prinzip?

Das Pareto Prinzip wurde nach seinem Entdecker, dem Ökonomen, Ingenieur und späteren Soziologen, Vilfredo Pareto benannt. Und seine wichtigste Entdeckung machte der gute Vilfredo während er seinem Hobby, dem Gärtnern, nachging. Was wiedermal zeigt, wie wichtig und hilfreich ausgleichende Tätigkeiten sind.

Als Pareto in seinem oberitalienischen Garten Erbsen erntete, fiel ihm auf, dass einige wenige Pflanzen besonders viele Schoten hervorgebracht hatten. Während gleichzeitig an sehr vielen Pflanzen nur wenige Schoten wuchsen. Das Pareto Prinzip war geboren.

Denn als Pareto begann, dieses Phänomen genauer zu untersuchen, fand er heraus, dass 20% der Pflanzen für 80% seiner Ernte gesorgt hatten. Und das bedeutete im Umkehrschluss, dass 80% der Pflanzen nur 20% seiner Erbsen-Ernte hervorgebracht hatten.

Was für die Ökologie gilt, gilt auch für die Ökonomie.

Daraufhin fragte sich der Ökonom Pareto, ob er diese 80-20-Regel auch in anderen Bereichen wiederfinden würde. Und so fand er beispielsweise heraus, dass ungefähr 80% des italienischen Grund- und Bodens nur ca. 20% der italienischen Bevölkerung gehörte.

Das ist bis heute so, und zwar nicht nur in Italien. Letztlich zeigt uns das Pareto Prinzip die ungerechte Verteilung in der Welt auf. „The winner takes it all“. Denn vermutlich haben die Erbsen-Pflanzen den meisten Ertrag gebracht, die – weil sie vielleicht anfangs ein kleines bisschen größer waren als andere – mehr Licht bekommen, noch schneller gewachsen und die anderen verdrängt haben.

Selbstverständlich ist das Verhältnis beim Pareto Prinzip nicht immer exakt 80 zu 20. Und wir können durch dieses Wissen auch nicht unbedingt Ungerechtigkeiten verhindern. Doch das Pareto Prinzip können wir trotzdem nutzen. Denn letztlich geht es ja bei der 80-20-Regel darum, mit relativ wenig Einsatz möglichst viel zu erreichen. Oder anders gefragt:

Wie können wir uns mit dem Pareto Prinzip das Leben erleichtern, wenn wir es kreativ nutzen?

Das Pareto Prinzip ganz praktisch

Lass uns doch mal bei deinem Kleiderschrank anfangen: Ist es nicht so, dass du ungefähr 20% deiner Sachen ca. 80% der Zeit trägst? Dementsprechend trägst du 80% deiner Kleidung nur 20% deiner Zeit. Warum nehmen die Kleidungsstücke, die du so selten trägst, so viel Platz in deinem Schrank weg?

Nehmen wir einmal an, du hast zehn T-Shirts. Dann hast du – nach dem Pareto Prinzip zwei Lieblings-Shirts, die du jeweils 16-mal innerhalb von 40 Tagen trägst. Das macht schon mal 32 Tage. Und du trägst die acht verbleibenden T-Shirts jeweils einmal.

Würdest du dich von fünf dieser acht Shirts trennen, hättest du 50 % mehr Platz in deinem T-Shirt-Fach. Denn anstelle von zehn hättest du jetzt nur noch insgesamt 5 T-Shirts.

Deine zwei Lieblings-Shirts würdest du so häufig tragen wie bisher. Und die verbleibenden drei Shirts würdest du nicht mehr nur einmal, sondern zwei bis drei Mal innerhalb von vierzig Tagen tragen.

Ergebnis:

50% mehr Platz „kosten“ dich also kaum Veränderung. Denn du ziehst ja nur an fünf von vierzig Tagen ein anderes Shirt an, als bisher.

Wenn wir das Pareto Prinzip bewusst anwenden, geht es also darum, sich mehr auf die 20% Prozent zu fokussieren und die 80% eher zu ignorieren.

Pareto Prinzip

Das Pareto Prinzip und (Ess)Probleme

Falls du mal an meinem Selbsthilfeprogramm LEICHTER teilgenommen hast, weißt du vielleicht, dass ich auch dort das Pareto Prinzip kreativ eingesetzt habe.

Bei den meisten Betroffenen sind die Herausforderungen mit dem Essen nachmittags und abends am größten. Und das aus gutem Grund. Denn einerseits nimmt im Laufe des Tages die Willenskraft ab und andererseits sind bis dahin zu viele Bedürfnisse unterdrückt und zu viele Grenzen überschritten worden.

Ganz typisch ist es, irgendwie bis nach der Arbeit durchzuhalten, dann nach Hause zu kommen, sich einzuigeln und mit Essen vor dem Fernseher oder Computer zu landen. Der Abend endet dann mehrheitlich so, dass zu oft, zu viel oder zu ungesund gegessen wird. Dann kommen die Selbstvorwürfe und der Frust.

Der Druck steigt und es wird sich vorgenommen, es morgen endlich anders zu machen. Doch – wie ich bereits vor vielen Jahren im „Tagesablauf einer Essgestörten“ (Link führt zum Video auf YouTube, das auf diesem Text basiert.) festgehalten habe, kommt dieses andere Morgen nicht.

Eine Mahlzeit sind 20%

Wenn wir jetzt von durchschnittlich fünf Mahlzeiten pro Tag ausgehen, drei Hauptmahlzeiten und zwei Snacks, ist eine Mahlzeit 1/5 aller Tagesmahlzeiten, also 20%.

Und den meisten Frauen mit Essproblemen fällt das Frühstück am leichtesten. Da das Essen ein Symptom und nicht die Ursache ist, macht es weder Sinn noch funktioniert es, sich immer wieder auf das Essen zu fokussieren und auf die eigene Willenskraft zu setzen.

Warum sich also nicht im Sinne vom Pareto Prinzip auf die Mahlzeit fokussieren, die funktioniert? Anders gesagt: Frühstücke in Ruhe, iss dich satt, iss was du magst. Und immer wieder, wenn im Laufe des Tages das Thema Essen in deinem Kopf auftaucht, erinnere dich daran:

Was das Essen betrifft, habe ich für 80% meines „Erfolgs“ gesorgt.

Und anstatt dich für den Verlust deiner Willenskraft und dein Essverhalten nachmittags und abends zu verurteilen, setzte dich immer mal wieder (schriftlich) mit folgender Frage auseinander:

Welche 20% meiner Denk- und Verhaltensweisen sind für 80% meiner (Ess)Probleme verantwortlich?

Fülle Bücher für ein erfülltes Leben:

Mögliche Antworten könnten sein:

Wenn ich abends zu viel gegessen habe, esse ich bis mittags nichts, um das irgendwie auszugleichen. Doch das ist, rein biologisch gesehen, keine gute Idee.

Ich versuche permanent, es allen anderen recht zu machen, weil ich mir Anerkennung von meinen Kollegen erhoffe. Ich will everybody’s Darling sein und mache mich dadurch zu everybody’s Depp.

Im Laufe des Tages ignoriere ich meine Bedürfnisse und Grenzen. Ich mache keine Pausen, powere durch und nachmittags ist die Batterie total leer. Dann kann ich nicht mehr anders als essen und mich ablenken. Und das, was wie eine Belohnung anfängt, endet wie eine Bestrafung.

Und wenn du deine Antworten gefunden hast, dann gehe in kleinen Schritten an die Umsetzung:

Frühstücke nach dem Pareto Prinzip. Dabei ist es egal, ob du am Abend zuvor einen Rückfall hattest oder nicht. Und wenn du – so wie ich – frühmorgens nicht gut essen kannst – dann mach die Mahlzeit in deiner Frühstückspause zu deinen entscheidenden 20 %.

Fange an, bei Kleinigkeiten NEIN zu sagen und mach dir erlebbar, dass du dadurch mehr Anerkennung – im Sinne von Respekt – von deinen Kollegen bekommst. Und nimm wahr, dass es dir dadurch besser geht, weil du dich selbst durch dieses Verhalten mehr anerkennst. Auch hier kannst du das Pareto Prinzip nutzen: Welche 20% deiner nicht ausgesprochenen NEINs sind für 80% deines Mangels an Selbstachtung verantwortlich? 

Mache im Laufe des Tages bewusst Pausen. Erinnere dich mithilfe eines Timers mit deinem Smartphone daran. Und dann schaue nach innen, frage dich, wie es dir gerade geht und finde heraus, was du brauchst. Oft sind es Kleinigkeiten, die du ändern kannst. Und wenn die Batterie nachmittags nicht komplett leer ist, kannst du deinen Abend anders gestalten. Auch hierbei kannst du das Pareto Prinzip anwenden indem du dich fragst: Welche 20% meiner Tätigkeiten sind für 80% meiner Freude und Entspannung verantwortlich?

Was ist dir wichtiger?

Selbstverständlich geht es bei der kreativen Anwendung des Pareto Prinzips nicht ausschließlich um Effizienz und Ertrag. Denn wenn wir mal zu Vilfredo und seinem Garten zurückkommen, dann hätte er – wenn es ihm nur um die Erbsenernte gegangen wäre – 80 % seiner Pflanzen vernichten können.

Was aber, wenn es ihm überwiegend um die Erfahrung des Gärtnerns gegangen ist?

Achte doch mal im Alltag darauf, wo und wie du das Pareto Prinzip kreativ anwenden kannst.

Mind your twenty percent.

MindMuse Simone