Social Media: Das Fast Food des Internets

Wie gehst du mit Social Media um?

Und empfindest du deinen Umgang damit als nährend oder zehrend?

Für mich ist mittlerweile letzteres der Fall und deshalb habe ich beschlossen, mich aus Social Media zurück zu ziehen.

Meine Social Media Geschichte

Twitter war das erste Soziale Medium, das ich genutzt habe. Dann habe ich mich irgendwann bei Facebook angemeldet. Und schon damals habe ich nur deshalb ein privates Profil erstellt, weil man es für eine sogenannte Fanpage, die heutige Unternehmerseite, brauchte. Diese Fanpage war das Medium, welches ich für meine Arbeit am häufigsten  und – in Bezug auf Followerzahlen – auch am erfolgreichsten genutzt habe. Und das habe ich jahrelang auch wirklich gerne gemacht.

Als ich mich vor einigen Jahren bei Instagram angemeldet habe, tat ich das schon nicht mehr aus Überzeugung und/oder Neugierde. Zwar mochte ich die Idee der quadratischen Bilder sehr, doch schon damals empfand ich die Entwicklung von Social Media als fragwürdig. Bei Snapchat und TikTok bin ich erst gar nicht eingestiegen und meinen Twitter-Account habe ich schon vor Jahren wieder gelöscht.

Bereits in 2015 habe ich einen Blogartikel über Soziale Medien und Essstörungen geschrieben. Mittlerweile hat sich auch eine der bekanntesten deutschen Fitness Influencerinnen, Sophia Thiel, als essgestört geoutet. Und hier kannst du nachlesen, wie ein junges Mädchen durch die Abnehmtipps via Instagram magersüchtig wurde und dass Instagram letztlich gezielt nach „den Schwachstellen“ der User sucht.

Grundsätzlich sehe ich die Dinge heute ähnlich wie in 2015. Doch ab sofort ziehe ich andere Konsequenzen daraus.

Der unstillbare Content-Hunger

Mittlerweile empfinde ich Social Media als eine so gefräßige Maschinerie, dass ich sie nicht mehr aktiv nutzen und nicht mehr von ihr benutzt werden möchte.

Denn für mich geht Social Media immer mehr in Richtung Quantität und darunter leidet einerseits die Qualität und andererseits die (mentale) Gesundheit von Produzenten und Konsumenten. Um mit seinen Inhalten Menschen zu erreichen, muss man als Produzent – als Content Creator – ständig liefern.

Stories, Reels und Shorts, am besten mehrmals täglich posten, permanent produzieren und kommentieren, immer total positiv und ach so spontan. Stets „Hallo ihr Lieben, ich wollte euch nur mal eben zeigen, dass in China mal wieder der berühmte Sack Reis umgefallen ist und ich natürlich direkt daneben stehe. Blabla…“.

Die beiden (Schatten)Seiten der Sozialen Medien

Vor einigen Wochen habe ich „Girl Gang“ auf Netflix geschaut. Die Doku zeigt, wie ein junges Mädchen durch die Unterstützung ihrer Eltern zu einer erfolgreichen Influencerin wird. Und auch die Eltern selbst gehen diesen Weg irgendwann mit ihren eigenen Social Media Kanälen. In der Doku sieht man, wie stressig dieses Leben ist und wie viel Arbeit dahinter steckt. Ich finde, man konnte die permanente Anspannung und den Druck spüren.

Ja, finanziell läuft es, die Autos werden immer größer. Doch mehr als einmal habe ich mich gefragt, wie es der Protagonistin wirklich geht. Denn da ist wenig Raum für Kind/Jugendliche sein, für die Freiheit der Anonymität, für Spontanität und Spaß, für echte Freundschaften und Erlebnisse ohne Kamera. Besonders bedrückend fand ich, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte, sobald sie live ging: Kamera an, Fake-Happiness an.

Und auch die andere Seite von Social Media, die Seite der Konsumenten, wurde gezeigt: Ein unsicheres, junges Mädchen ohne Freunde im echten Leben, deren größtes Idol die Protagonistin war und die quasi 24/7 nach neuem Content hungerte. Die emotionale Abhängigkeit von einer Person, die man nicht mal persönlich kennt…

Social Media frisst eine Menge

Social Media frisst nicht nur Zeit, sondern nagt auch am Selbstbewusstsein vieler Konsumentinnen und Produzentinnen. Denn die Sozialen Medien nähren das permanente Vergleichen, die Unzufriedenheit und Unsicherheit um den Konsum anzukurbeln.

Wir sollen ständig etwas tun um zu…? Wir brauchen unbedingt das Produkt XY um zu…!

Doch als Produzentin möchte ich beispielsweise keine Videos von meinem täglichen Spaziergang drehen. Dann ginge für mich der Sinn des Spaziergangs verloren. Ich wäre dann innerlich nicht mehr bei mir, sondern bei dir. Denn ich würde über mein Outfit und mein Aussehen – über meine Außenwirkung – nachdenken (müssen). Ich würde mir überlegen, was ich wo filme und sage und wie ich das Ganze angenehm entspannt und total spontan rüber bringe.

Doch genau das wäre ich dann nicht mehr: angenehm entspannt und total spontan.

Und für Social Media würde es auch nicht reichen, dich einmal auf einen Spaziergang mitzunehmen. Sondern ich müsste es nahezu täglich tun. Denn schon nach wenigen Stunden ist ein Beitrag in den Sozialen Medien quasi in der Unendlichkeit des Internets verschwunden. Um die gleiche Reichweite die man hat zu erhalten, muss man immer mehr posten. Und was passiert, wenn eine weitere Social Media Plattform auftaucht…?

Social Media

Blog und Newsletter statt Social Media

Deshalb habe ich beschlossen, mich ab sofort ausschließlich meinem Blog zu widmen und meine Beiträge als Newsletter (MindMail) zu verschicken. Denn genau so konsumiere ich auch nur noch von anderen Produzenten.

Das fühlt sich gerade so an, wie nach Hause kommen. Diese Website hier ist das zu Hause und ich habe mich immer wieder in Mietwohnungen (Social Media) aufgehalten und musste mich um alle Orte kümmern. Außerdem haben sich die Bedingungen an den anderen Plätzen ständig durch Algorithmen etc. verändert, die ich nicht beeinflussen konnte. Und jetzt ist es nur noch mein zu Hause um das ich mich deshalb intensiver kümmern und das ich neu entdecken und selbstbestimmt gestalten kann.

Weniger Social Media – mehr Leben(sraum)

Übrigens habe ich vor einigen Tagen mit ungeahnter Genugtuung die Social Media Apps von meinem Smartphone gelöscht. Keine Push-Nachrichten mehr. Großartig. Dadurch ist mir bewusst geworden, dass Social Media während der letzten Monate unverhältnismäßig viel Raum in meinem Leben eingenommen hat. Und zwar nicht weil ich sonderlich aktiv in den Sozialen Medien unterwegs war, sondern weil mein Mind mir immer wieder sagte: „Solltest du nicht mal wieder etwas posten?“ Doch da war dieser Widerstand in mir.

Es ist fast so, als hätte ich mich mit Social Media überfressen und deshalb lehnt es mein mentales Verdauungs-System jetzt ab. Löschen werde ich meine Social Media Kanäle noch nicht, aber ich werde sie nicht mehr füttern und mich nicht mehr mit dem mentalen Fast Food anderer Kanäle vollstopfen.

Social Media und du

Selbstverständlich ist nicht alles negativ an den Sozialen Medien. Und das Letzte was ich möchte ist, dass du dich unter Druck gesetzt fühlst und glaubst, dass auch du unverzüglich aus Social Media aussteigen musst um zu…?

Doch vielleicht fragst du dich mal, wie sich deine Social Media Aktivitäten auf dein ErLeben auswirken:

  • Fühlst du dich durch deinen Social Media Konsum eher inspiriert oder eher frustriert?
  • Wie sehr vergleichst du dich und dein ErLeben mit dem anderer Social Media User und wie schneidest du dabei ab?
  • Setzen Soziale Medien dich eher unter Druck oder kannst du dabei entspannen?
  • Welche Inhalte postest du selbst auf Social Media und warum gerade die?
  • Hat es Auswirkungen auf deine Stimmung wenn du viele/wenige Likes bekommst?
  • Wie oft greifst du zum Smartphone um deine Accounts zu checken?
  • Was vermeidest oder verdrängst du möglicherweise durch deinen Social-Media Konsum?
  • Befürchtest du häufig, etwas Wichtiges zu verpassen wenn du nicht ständig in den Sozialen Medien unterwegs bist? Falls ja, was und warum?

Vielleicht reicht dir auch die Antwort auf diese eine Frage:

Machen die sozialen Medien dein ErLeben leichter oder schwerer?

Mind your socials.

MindMuse Simone