Die Kleidergrößen werden kleiner, die Essstörung wird größer

In der Ferien- und Urlaubszeit macht man bekanntlich gerne Sachen, für die man ansonsten keine oder wenig Zeit hat. So kaufe ich mittlerweile z. B. fast alle meine Anziehsachen online. Daher habe ich mich sehr auf unseren „Ausflug“ zu einem großen Outlet-Shoppingcenter gefreut. Voller Enthusiasmus stürmte ich den Laden eines meiner amerikanischen Lieblingslabels, lud mir den Arm voller Shirts um zum Schluss eine Auswahl zu treffen. Bei genauerer Betrachtung der Shirts empfand ich diese allerdings als sehr schmal und fragte eine Verkäuferin, wie die Sachen größentechnisch ausfallen würden. „Sehr eng“ antwortete sie mir „Ich trage normalerweise auch S und brauche bei diesen Shirts ein M.“ Hellhörig geworden legte ich zum Vergleich einige der S-Shirts übereinander und musste feststellen, dass nicht mal S gleich S bedeutet. Alle Shirts waren extrem eng und klein, manche waren noch enger und kleiner…

Kleidergrößen-Politik

Mein Enthusiasmus wurde dadurch stark ausgebremst und es machte sich ein gewisser Unmut breit. Denn ich weiß genau, was dieser Größenschwund für Frauen bedeutet. Während ich mich heute über die Größenpolitik des Labels ärgere, hätte ich mich zu Zeiten meiner Essstörung über mich geärgert. Ich hätte nicht am Label oder am Schnitt des Shirts, sondern nur an meinem Körper gezweifelt. Ich hätte nicht das Shirt sondern mich als unpassend empfunden. Ich hätte nicht „Pech für das Label, das mir das Shirt in meiner Größe nicht passt“ gedacht sondern meine Gedanken hätten „Pech für dich, dass du nicht in dieses Shirt passt“ gelautet. Zu Zeiten meiner Essstörung hätte mich dieser nette Ausflug in tiefe Verzweiflung und Selbsthass stoßen können und wäre ein „guter“ Grund für einen Rückfall gewesen.

Natürlich sind Kleidergrößen-Unterschiede innerhalb einer Größe oder eines Labels nichts Neues. Aber da wir alle dem Motto „dünner ist schöner“ glauben schenken, sind Frauen mit einer Essstörung nicht nur die Leidtragenden, sondern gleichzeitig auch Teil der Ursache dieses Trends.

Wollen wir nicht mitverantwortlich für diesen Kleidergrößen-Trend sein, können wir zwei Dinge tun:

  1. Wir ändern unsere Denkweise in dem wir uns intensiv – mit der Hilfe anderer – mit uns auseinandersetzen damit wir keine Essstörung mehr „brauchen“. Kleidung sollte zu unserem Körper passen und nicht unser Körper zur Kleidung.
  2. Wir boykottieren „Eng-Labels“ und kaufen unsere Anziehsachen anderswo.

Hast du schon ähnliche Erfahrungen mit Kleidergrößen gemacht und wie bist du damit umgegangen? 

lebenshungrige Grüße

Simone