Kathrins Genesungsweg Teil 10: Vertrauen
Ich melde mich zurück! ☺
Kürzlich las ich in einem Kalender:
Vertrauen bedeutet an etwas zu glauben, was du nicht siehst.
Zu kaum einem anderen Zeitpunkt im Leben hat dieser Spruch besser gepasst als an den Tagen, an denen dieses Blatt an meiner Wand hing. Und abgesehen von der situationsbedingten Aktualität enthält der Spruch eine immer währende Wahrheit für alle essgestörten Menschen und ein früheres Kernproblem wurde mir bewusst. Ich bin nun ziemlich genau 2 Jahre frei von der Essstörung und hatte seither keinerlei Rückfälle. Ich fühle mich gesund und im Prinzip vollständig genesen.
Vertrauen in das Fallenlassen…
Ich erinnere mich aber zu gut an viele Jahre, an denen ich null Vertrauen hatte, mich in die Essstörung fallenzulassen, auf meine Kraft und Stärke und meine Gesundheit zu vertrauen und sie loszulassen. Die Angst war deutlich größer, die Sorge, dass es dann richtig einreißt und ich sie nie mehr völlig verlieren kann – das Bizarre daran: zu dem Zeitpunkt steckte ich genau mittendrin. Die scheinbare Kontrolle aber gab mir ein Gefühl trügerischer Sicherheit, eine Sicherheit die es nicht gibt und gar nicht geben kann. Denn genau das musste ich lernen um die Essstörungen zu verlieren, akzeptieren dass wir nichts „im Griff“ haben, nicht wirklich. Wir können uns bemühen und engagieren, aber in Wirklichkeit liegt vieles nicht in unserer Macht. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte es grundsätzlich immer für klug und gesund Verantwortung zu übernehmen, es kann teilweise sehr erfrischend und meist sogar entlastend sein – aber gerade dabei stand mir als essgestörte Frau das schier unersättliche Misstrauen häufig im Weg. Zu klein war das Vertrauen in meinen Körper, mein Umfeld und eine wohlwollende Macht, die es einfach mal gut mit mir meint, auch wenn ich mich nicht für alles anstrenge. Nur was ich sah, nahm ich wahr.
Es hat gut geklappt mich damals von der Essstörung hin zu einem gesunden Leben zu lösen, aber erst jetzt, nach vielen, vielen neuen Ereignissen lerne ich Vertrauen auf anderen Ebenen, auf eine andere Art und genau das beinhaltet, was der kleine Kalenderspruch von uns fordert. Nicht hinschauen, nicht überprüfen, kontrollieren und nachbohren, sondern hoffen und glauben, dass das Vertrauen nicht verschenkt oder missbraucht wird – bei vielen Essgestörten mit dem Zusatz leider wieder einmal missbraucht oder weiter ausgehalten wird.
Vertrauen in die Intelligenz unseres Körpers
Die Angst, dass unser Körper keine eigenen normalen, gesunden Mechanismen besitzt sich selbst klug und gesund zu regulieren, war bei mir früher enorm stark ausgeprägt. Auch der Gedanke, dass ich meinen Körper mit dem Dauerfasten und den darauf folgenden gierigen Fressanfällen bereits vollends zerstört habe und es jetzt quasi auch nichts mehr bringt normal zu essen, weil ohnehin alles versiebt und kaputt sein muss, saß sehr tief. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass nichts versiebt, völlig krank oder irreparabel verloren ist. Nur die Gedanken selbst machen kränker, wenn man sich dem Misstrauen, das von außen (Werbung, Zeitschriften etc.) teils gefördert wird, weiter hingibt.
Ich wünsche euch bis zum nächsten Monat viel Glück an eurem Vertrauen in die Welt zu arbeiten. Ich selbst werde es weiterhin tun!