Warum Perfektionismus die Essstörung triggert

Essstörung und Perfektionismus gehören zusammen wie Füller und Tinte.  Ohne Tinte funktioniert der Füller nicht. Und ohne Perfektionismus funktioniert die Essstörung nicht.

Alle Frauen mit einer Essstörung, denen ich jemals begegnet bin, sind in irgendeiner Form perfektionistisch. Wir machen etwas ganz oder gar nicht. Es ist schwarz oder weiß. Die anderen sind gut und wir sind schlecht, – oder genau andersherum – denn wir werden unseren überhöhten Ansprüchen nie gerecht. Wir sind sehr streng mit uns selbst und fühlen uns minderwertig. Dieser Perfektionismus triggert die Essstörung.

Perfektionismus im Online-Workshop

Ich habe bisher durchweg positives Feedback zum Online-Workshop GEWICHTIG bekommen und das freut mich natürlich sehr!

Aber ich merke auch, dass bei vielen von Euch die anfängliche Euphorie in Resignation umschlägt und die Situation zu kippen beginnt. Zu diesem Zeitpunkt kehrt die Essstörung häufig das erste mal zurück… Und das liegt immer nur daran, das alle glauben, sie bearbeiten diesen Workshop nicht perfekt genug, weil sie nicht alle Aufgaben bewältigen.

Und jetzt verrate ich Euch ein Geheimnis: Auch ich schaffe es nicht, täglich zu schreiben, auch ich nehme mir nicht jede Woche die Zeit für ein Treffen mit mir und auch ich denke immer wieder mal, dass ich eigentlich doch viel mehr schaffen müsste, als ich eigentlich schaffe. Aber ich habe gelernt, dass ich nicht mehr nach diesem perfektionistischen Ansprüchen leben muss und ich möchte es auch gar nicht mehr. Lieber einmal in der Woche schreiben, als alles hinzuwerfen, weil ich es nicht siebenmal pro Woche schaffe, oder? Lieber „unperfekt“ und ohne Essstörung…

Ein verständnisvoller Umgang mit Euch selbst ist der Schlüssel zur Essstörung

Ich sag’s mal mit einem Spruch, der mir schon des Öfteren begegnet ist: Progress not perfection! Ja, es geht um Wachstum, ums Weitermachen und nicht darum, es scheinbar perfekt hinzubekommen. Denn Perfektionismus hat nichts damit zu tun, es richtig zu machen. Perfektionismus ist die Weigerung, sich die Erlaubnis zu geben, sich vorwärts zu bewegen. Perfektionismus ist nicht die Suche nach dem Besten. Er ist eine Beschäftigung mit dem Schlechtesten in uns, dem Teil der uns immer wieder sagt, dass nichts, was wir je tun werden, gut genug sein wird. In Bezug auf die Essstörung bedeutet das z. B. Rückfälle sind „nur“ Rückfälle und gehören dazu!

Was, wenn?

Daher bitte ich euch, wenn ihr mal wieder meint, alle Aufgaben hundertprozentig erledigen zu müssen – egal, ob es dabei um die Essstörung geht, oder nicht – stellt Euch die folgende Frage:

„Was würde ich jetzt tun, wenn ich es nicht perfekt machen müsste?“

Meine Antwort dazu: „Eine ganze Menge mehr als jetzt“

Perfektionismus im Coaching

Auch während des Telefon-Coachings bin ich immer wieder erstaunt, was Frauen alles leisten und wie sie diese Leistungen als selbstverständlich abtun.

Da wird promoviert, nebenbei gearbeitet, ein Haus gebaut, sich engagiert, ein Kind erzogen, und und und … All dies geschieht in der Erwartungshaltung, dass das normal ist und somit perfekt erledigt werden muss. Und so Vieles wird auch scheinbar perfekt erledigt. Wäre da nicht das Figurproblem, die ständigen Diäten, die Essstörung.

Auch das wollen wir perfekt und effektiv lösen. Aber hier werden uns die Grenzen gezeigt. Ich erlebe es immer wieder, dass Frauen sagen: „Ich habe es doch jetzt begriffen, warum habe ich noch immer dieses Problem?“

Ändern können wir die Dinge erst, wenn wir sie nicht nur begriffen haben, sondern auch fühlen. Dann beginnen wir anders zu handeln und bekommen andere Ergebnisse.

Um zu fühlen, müssen wir verstehen

Bist Du Dir bewusst, dass Du perfektionistisch bist? Hast Du Dich schon mal gefragt, ob und wie dieser Perfektionismus etwas mit Deiner Essstörung zu tun hat? Und woher kommen diese außerordentlichen Ansprüche an Dich selbst?

Wahrscheinlich sind übersteigerte Erwartungshaltungen Deiner Eltern, Großeltern, Lehrer etc. Teil der Ursache. Aber das ist vorbei und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Daher lautet die interessantere Frage:

Warum hast Du diese Erwartungshaltung übernommen?

lebenshungrige Grüße

Simone