Erster Schritt der Overeaters Anonymous
“Wir gaben zu, dass wir dem Essen gegenüber machtlos waren und unser Leben nicht mehr meistern konnten.”
lautet der erste Schritt der Overeaters Anonymous.
Was ist in Dir passiert, als Du den ersten Teil dieses Schritts in den das Wort “machtlos” auftaucht, gelesen hast?
Panik? “Wenn ich mir Machtlosigkeit eingestehe gebe ich jegliche Kontrolle auf und werde nur noch essen und noch mehr zunehmen?” oder
Erleichterung? “Ja, wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich machtlos, denn die Kontrolle habe ich schon längst verloren….”
Bei mir war es eine Mischung aus beidem. Je häufiger ich jedoch die Meetings der Overeaters Anonymous besuchte und mich mit anderen Betroffenen austauschte, desto größer wurde die Erleichterung. Besonders, als ich verstand, dass diese Machtlosigkeit nichts mit Willensschwäche zu tun hat. Die Overeaters Anonymous bezeichnen Essstörungen als “körperliche, emotionale und spirituelle Erkrankung”.
Ich sage heute: Mein Denken war krank.
Aus krankem Denken entstanden negative Gefühle. Daraus folgten ungesunde Handlungen und die führten zu “kranken” Ergebnissen.
Ein Beispiel hierzu: Ich stehe vor dem Spiegel und DENKE: “Hm, ein paar Kilo weniger und ich wäre viel attraktiver und sicher auch glücklicher.” Daraufhin FÜHLE ich mich schlecht, weil ich so disziplinlos bin und es nicht schaffe, abzunehmen. Also nehme ich mir fest vor, den straffen Diätplan einzuhalten, damit die gewünschten 8 kg auch wirklich purzeln. So HANDELE ich genau 2 Tage lang. Am dritten Tag bin ich zu einer Party eingeladen. Freuen kann ich mich nicht so recht, denn ich fürchte die Versuchungen des Buffets. Auf der Party kreisen meine Gedanken nur um essen oder nicht-essen und irgendwann ist meine Schmerzgrenze erreicht, ich habe schon so viel gegessen, dass es jetzt sowieso egal ist. Also esse ich noch viel mehr, bis der Magen schmerzt und dann erleichtere ich mich auf der Toilette des Gastgebers. Ähnliche Vorfälle häufen sich während der nächsten Monate. Das ERGEBNIS: Ich habe eine Essstörung.
Dieser Teufelskreis ist eine Abwärtsspirale. Denn die Fressanfälle häufen sich führen zu immer “schlechteren” Gedanken, Gefühlen, Handlungen und natürlich Ergebnissen….
Overeaters Anonymous
Ursache dieser negativen Entwicklung waren meine Gedanken: “Ich bin nicht richtig, so wie ich bin…” und diesen Gedanken stand ich definitiv machtlos gegenüber.
Der erste Teil des ersten Schritts der Overeaters Anonymous befasst sich mit dem Essen, der zweite mit unserem Leben.
Nach Außen hin war mein Leben ganz O.K. Aber wie sah es in mir aus?
Ich DACHTE, dass alles besser werden würde, wenn ich endlich das gewünschte Gewicht erreichen würde, wenn sich mein Freund so verhalten würde, wie ich es zu brauchen meinte, wenn sich meine Mutter entsprechend ändern würde, wenn der Professor die Vorlesung endlich ansprechender gestalten würde, wenn ….
Mein Leben war abhängig von meinem Gewicht und von dem Verhalten anderer Leute.
Beides hatte ich nicht unter Kontrolle. Ich lebte nicht. Ich existierte, irgendwie…
Ich DACHTE, dass ich mich einfach noch mehr anstrengend müsse, damit andere Menschen mir Bestätigung und Wertschätzung geben. Meine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Ziele gingen dabei völlig unter, denn ich kannte sie gar nicht.
Nein, ich konnte mein Leben nicht meistern, mein Leben meisterte mich…
lebenshungrige Grüße
Simone