Was mir am “Glow-Trend”
nicht schmeckt

“Glow” ist so ein Begriff, den ich nicht mehr hören kann. Schon seit einiger Zeit ist er aus der Kosmetik(Werbung) nicht mehr wegzudenken. Unsere Haut soll leuchten, schimmern und scheinen, aber selbstverständlich geht es dabei um einen ganz natürlichen Look. Und damit das auch klappt, werden uns praktischerweise unzählige (Kosmetik)Produkte angepriesen.

Und die sollen die Fähigkeit unserer Haut steigern, Licht zu reflektieren. Anders gesagt: Wenn wir brav tun, was uns gepredigt wird und die richtigen Produkte kaufen, werden wir mit einem frischen, jugendlichen, reinen, glatten, porenfreien, ebenmäßigen und strahlenden Teint belohnt. Was will Frau mehr?

I don’t go with the glow

Ich habe es so satt, dass diese alten Geschichten immer wieder in ein neues Gewand verpackt und uns serviert werden. Was mich aber regelrecht ankotzt, ist, dass es funktioniert. Denn es ist ein immergleiches Muster. Ein neues Must-have mit alter Botschaft:

Wenn du das hast, bist du wer.

Kein wirkliches Wunder also, dass sich viele Frauen von einem trendigen Außeneffekt die Verbesserung ihres inneren Zustands versprechen. Der Glow wird mich glücklich machen:

Wenn ich äußerlich strahle, werde ich auch innerlich strahlen. Oder wenigstens werden andere mich um meine künstliche Strahlkraft bewundern oder beneiden.

Vielleicht glühen und klingeln aber auch nur die Kassen diverser Kosmetikkonzerne.

Ich leuchte, also bin ich (erleuchtet)?

Doch nicht nur die Kosmetik-Industrie buhlt mit diversen Schein-Versprechen um unsere Aufmerksamkeit. Nein, der Glow ist auch in der “spirituellen Life Coaching Szene” angekommen. Bei Laura Seiler kostet dich beispielsweise die “Inner Glow Meditation” lediglich deine E-Mail-Adresse.

Aber es geht noch billiger. Du musst einfach nur Jesus (neu) für dich entdecken. Dann brauchst du weder Kosmetik noch Meditation um zu (er)strahlen, sondern einzig den richtigen Glauben an den Sohn Gottes. Schon hast du den “Jesus Glow”.

Um dabei nicht vom rechten Pfad abzukommen, ist allerdings ein echter “Christ-Fluencer” nötig, dem es mit religiösem Eifer zu folgen gilt.

Billig bedeutet nicht kostenlos

Gott sei dank sind Christ-Fluencer sehr präsent in den sozialen Medien, vor allem auf TikTok. Von den scheinheiligen Online-Jüngern bekommst du dann nicht nur überteuerte Bibeln und andere Must-haves angepriesen, sondern auch das gute alte vorsintflutliche Frauenbild.

Frei nach dem Motto: “Suche dir den richtigen Mann, denn danach musst du dich ihm freiwillig – und bis der Tod euch scheidet – unterordnen.” Sei also eine glühende Verehrerin des Patriarchats, du schuldige Eva. Paradiesische Zustände für die Männer, ein frischer Teint für die Frauen. A MEN.

Ist der Jesus-Glow das neue Manifestieren?

Muss ich mir Sorgen machen, dass das Manifestieren aus der Mode kommt und durch den Jesus Glow ersetzt wird? Egal, denn beides läuft nach dem ewig gleichen Prinzip ab:

Selbst Schuld, wenn es nicht funktioniert, du glaubst halt nicht richtig!

Und wenn mir nicht klar wäre, dass all das fruchtet, weil sich vor allem in unsicheren Zeiten wie den unseren viele (junge) Menschen nach scheinbarer Sicherheit und Orientierung sehnen, könnte ich nur noch – glühend vor Zorn – “Herr, schmeiß Hirn!” schreien.

Mind the patterns.

MindMuse Simone

P.S.: Der “dunkele Parabelritter” hat übrigens ein sehr unterhaltsames und informatives Video mit dem Titel “Christ-Fluencer Exposed” gemacht. Du findest es hier auf YouTube.