Meditation oder: “Ist der Lachs noch gut?”
Meditation ist – allgemein definiert – “eine geistige Übung, bei der die Aufmerksamkeit bewusst gelenkt und geschult wird, um unseren Mind zu beruhigen”. Dadurch soll Meditation uns Klarheit und Gelassenheit bringen.
Auch gibt es diverse Formen des Meditierens, wie beispielsweise Achtsamkeits-Meditation, Konzentrations-Meditation oder auch Bewegungs-Meditation. Generell können alle ruhig ausgeführten und sich wiederholenden Tätigkeiten, wie beispielsweise Gehen oder Handarbeiten, meditativen Charakter haben.
Doch in diesem Artikel geht es um Meditation im klassischen Sinne, um ruhiges Sitzen oder Liegen in Stille und Bewegungslosigkeit.
Wie genau funktioniert Meditation?
Bevor wir uns intensiver damit beschäftigen, was genau Meditation ist und wie sie funktionieren kann, schauen wir uns zunächst mal an, was Meditation nicht ist. Denn es ist eine weitverbreitete Vorstellung, dass Meditation bedeutet, an nichts zu denken.
Und diese Annahme frustriert viele MindMates und führt dazu, dass sie das Meditieren schnell wieder aufgeben. Denn sie stellen fest, dass sie enorm viel und sehr schnell denken, wenn sie sich zum Meditieren hinsetzen oder -legen.
Doch das Wort „Meditation“ leitet sich vom lateinischen Begriff „meditiatio“ ab. Und der steht für „nachdenken“, „nachsinnen“ oder „überlegen“.
Auch kann Meditation anfangs körperlich eine Herausforderung sein: Sobald wir bewusst in die Bewegungslosigkeit gehen, verspüren wir ständig den Drang, uns zu bewegen. Dann zwickt es hier und juckt es da. Und die Gedanken springen – wie ein wildgewordener Affe (Monkey-Mind) – von der zu waschenden Wäsche über die aktuellen Beziehungsprobleme bis zum anstehenden Frisörtermin.
Kopf und Körper scheinen sich ausnahmsweise mal einig zu sein und “schreien” gemeinsam: Meditation? Was soll das denn? Dafür hast du jetzt gar keine Zeit! Steh auf und tu was!
Wir können Meditieren trainieren
Wie so viele andere Dinge auch, fällt uns das Meditieren leichter, je öfter und regelmäßiger wir es tun. Aber warum sollten wir das tun, was genau bringt uns eine Meditation?
Kann uns Meditieren wirklich helfen, gesünder zu denken und uns besser zu fühlen? Denn das ist es doch, was die meisten MindMates sich wünschen. Meine persönliche Antwort lautet ganz klar: JA! Und meine Erfahrung mit Meditation wird durch diverse Studien untermauert.
Diese hier (Link führt zu nature.com) hat beispielsweise herausgefunden, dass wir mindestens 13 Minuten täglich über einen Zeitraum von acht Wochen meditieren müssen, um positive Effekte zu erzielen, die sogar im Gehirn nachgewiesen werden können.
(Kopf)Kino
Ich beschreibe den Ablauf einer Meditation gerne so: Stell dir vor, dein Kopfkino wäre wie ein richtiges Kino. Du sitzt entspannt und mit angenehmem Abstand zur Leinwand deinem Kinosessel und schaust deinen Gedanken zu, die wie ein Film auf der Leinwand ablaufen.
Meditation bedeutet für mich, dass ich mich bewusst von meinen Gedanken distanzieren und sie deshalb interessiert beobachten kann:
Ich bin nicht das, was ich denke, sondern ich bin die Beobachterin dessen, was ich gerade denke. Dadurch kann mir bewusst werden, welche Auswirkungen mein Denken auf mein Handeln – und letztlich auf mein ErLeben – hat.
Abstand schafft Weitblick
Hierzu ein konkretes Beispiel: Vielleicht denkst du im Alltag sehr häufig: “Das (an dieser Stelle kannst du beliebiges einsetzen) funktioniert bei allen anderen, aber nicht bei mir!” Und weil dir dieser Gedanke so vertraut ist und du ihn für real hältst, kommst du gar nicht auf die Idee, ihn zu hinterfragen. Oder möglicherweise ist dir gar nicht bewusst, wie häufig du diesen Gedanken denkst und somit verfestigst.
Du bist davon überzeugt, dass es der Realität entspricht, dass es bei allen funktioniert, bei dir jedoch nicht. Und dein Mind speist diese Annahme gerne und häufig mit “Beweisen”. Das kann dazu führen, dass du innerlich ständig angespannt bist und (Handlungs)Druck in dir verspürst.
Denn einerseits möchtest du unbedingt beweisen, dass es bei dir auch funktioniert, dass du es auch kannst, doch andererseits glaubst du nicht daran. Bildlich gesprochen stehst du an einem Ende des Ufers und weißt nicht, wie du ans andere kommen sollst, weil dazwischen ein reißender Fluss liegt.
Anders als alle anderen?
Und nehmen wir mal an, du hast dich auf eine Meditation eingelassen und sitzt entspannt und mit Abstand in deinem inneren Kinosessel, dann kannst du erkennen, dass auf der Leinwand deines Kopfkinos der Glaubenssatz “Das funktioniert bei allen anderen, aber nicht bei mir!” in der Dauerschleife abläuft. Möglicherweise wird dir dein Glaubenssatz auch durch ein Bild oder eine Situation, an die du dich plötzlich erinnerst, bewusst.
Das ändert zwar erst mal nichts, aber du kannst erkennen, dass es lediglich ein Satz ist, den du ständig denkst. Und ja, es ist gut möglich, dass dir dein Mind gleich viele “Beweise” serviert, warum dieser Satz wahr ist. Aber wenn dir dieser Satz bewusst ist, kannst du dich fragen, warum du ihn hast und woher er kommt.
Kann es vielleicht sein, dass dein Mind es automatisch sehr einseitig betrachtet? Entsprechen die sogenannten Beweise deines Minds tatsächlich der Realität? Würdest du es in Bezug auf andere Personen genau so bewerten?
Erkenntnisse während der Meditation können deinen Handlungsspielraum im echten ErLeben erweitern. Denn was wäre beispielsweise, wenn du – bildlich gesprochen – gar nicht auf die andere Seite des Flusses musst?
Meditation: Sei jetzt hier und sei du selbst
Stillsitzen und Nichtstun sind so herausfordernd, weil Meditation auch bedeutet, uns selbst im Hier und Jetzt auszuhalten. Wenn wir nichts tun, uns nichts ablenkt, dann werden wir auf unser InnenErLeben zurückgeworfen. Wir nehmen dann den körperlichen Druck, die Enge und Anspannung wahr, die ständig von dem, was unser Mind denkt, genährt werden.
Denn unsere Gedanken sind überwiegend negativ, vor allem die über uns selbst. Und wir haben sie schon zigmal zuvor gedacht. Das, was wir Denken nennen, ist ganz oft lediglich das mentale Wiederkäuen basierend auf vergangenen Erfahrungen.
Die Herausforderung einer Meditation liegt darin, trotz der unangenehmen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen nicht aufzuhören und davonzulaufen, sondern das Unangenehme wahrzunehmen und auszuhalten. Denn wenn wir dieser Negativität Raum geben, verschwindet sie mit der Zeit oder wird zumindest weniger.
Wenn wir aber immer wieder innerlich davonlaufen, uns in hektische Handlungen stürzen, die nie zu “besseren” Erlebnissen führen, wachsen Druck, Anspannung und Negativität.
Vorbereitungen zur Meditation
Meditation ist schon lange ein fester Bestandteil meines (Arbeits)Alltags. Für mich war und ist es immer sehr wichtig gewesen, in jeglicher Hinsicht möglichst unabhängig zu sein, mir selbst helfen zu können. Und Meditation ist eine einfache Methode, die ich nahezu immer und überall anwenden kann.
Bei Meditation geht es mir nicht um Spiritualität oder Erleuchtung. Sondern ich mache wieder und wieder die Erfahrung, dass das Meditieren wie ein erfrischender Kurzurlaub in mir selbst sein kann. Ich genieße es, entspannt in meinem Körper zu sein, wahrend mein Mind quasi die Gegend erkundet.
Dabei sind die anfänglichen Unannehmlichkeiten in Kopf und Körper quasi wie die Anreise zum Urlaubsort. Ich nehme sie in Kauf, gebe ihnen die Zeit, die sie brauchen, bis ich am Ziel ankomme und der “eigentliche Urlaub” beginnen kann.
Körper vor Kopf
Sobald morgens alle das Haus verlassen haben, mache ich einen Check-In, um wahrzunehmen, wie viel Druck und Anspannung in meinem Körper ist. Und je mehr davon ich wahrnehme, desto intensiver bewege ich mich vor der Meditation. Denn durch die Bewegung – bei mir ist es Tanzen und lautes Singen – verliere ich schon eine ordentliche Portion Anspannung.
Danach mache ich ein paar Yoga-Übungen. Und dann setzte ich mich auf die Matte. Ich sitze immer aufrecht im halben Lotussitz (ein Fuß auf dem Knie, der andere darunter), mit einem Meditationskissen (Werbung: Link führt zu Amazon.de) unter dem Hintern. Sobald ich bequem sitze, stelle ich meinen Timer auf 20 oder 30 Minuten ein. Danach setzte ich meine Schlafmaske mit integrierten Kopfhörern (Werbung: Link führt zu Amazon.de) auf.
Maske und Musik helfen mir dabei, die Sinneswahrnehmungen von Außen weitestgehend auszuschalten. Das macht es mir leichter, meine Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Während einer Meditation höre ich immer die gleiche Meditationsmusik. Dadurch ist auch mein Körpergedächtnis trainiert. Sobald diese Musik ertönt, weiß alles in und an mir, dass jetzt eine Meditation angesagt ist.
Das Meditieren
Meine eigentliche Meditation beginnt mit zwei oder drei tiefen Atemzügen. Danach lenke ich meinen Atem für einige Züge bewusst, indem ich einatmend bis drei und ausatmend im selben Rhythmus bis fünf zähle. Bevor ich wieder einatme, halte ich – bis acht zählend – die Luft an. Mittlerweile ist mein Körpergedächtnis gut trainiert und ich komme schnell in die physische Entspannung. Und dann lasse ich meinen Mind einfach wandern.
Bildlich gesprochen sitze ich während der ganzen Zeit entspannt in meinem Kopfkinosessel und beobachte, wo mein Mind so landet. Manchmal werden mir dadurch auch nochmal alte Glaubens- und Verhaltensmuster bewusst. Doch meistens ist die Meditation mittlerweile eine Inspirationsquelle für mich.
Während des Meditierens tauchen Ideen und Lösungen auf und ich als Beobachterin entscheide lediglich, ob ich diesen Weg mitgehe oder ob ich eingreife und meinen Mind bewusst in eine andere Richtung schicke.
Sinnloses Festbeißen
Manchmal beißt sich mein Mind während einer Meditation an banalen Dingen fest. Dann schießt wie aus dem Nichts heraus ein Gedanke ins Hirn: “Da ist noch Lachs im Kühlschrank, hoffentlich ist der noch gut?” Und mit diesem Gedanken erhöht sich mein Herzschlag und ich werde unruhig. Aus der Position der Beobachterin kann ich das tatsächlich unmittelbar wahrnehmen. “Nach der Meditation musst du sofort nachschauen, das darfst du nicht vergessen!” Die Spannung im Körper steigt.
Dann unterbreche ich diese Gedankenkette. Denn während der Meditation bringt sie mich nicht weiter. Die “Lösung” wäre ja, sofort aufzustehen und zum Kühlschrank zu gehen. Und da ich das nicht will, beginne ich erneut, meinen Atem zu lenken. “EIN-zwei-drei – AUS-zwei-drei-vier-fünf – HALTEN-zwei-drei-vier-fünf-sechs-sieben-acht” “Ja, aber der Lachs …” “EIN-zwei-drei …”
Der Lachs ist in meinem Beispiel wie der berüchtigte rosa Elefant. Sobald ich nicht an ihn denken will, denke ich ständig über ihn nach. Ich kann meinen Mind nicht dazu bringen, nicht über den Lachs nachzudenken. Doch ich kann ihm bewusst etwas anderes zu tun geben, nämlich das Zählen und Fokussieren auf das Atmen. Bis sich Kopf und Körper wieder entspannen und mein Mind einen anderen Gedankengang findet.
Durch die Rolle der Beobachterin während der Meditation kann ich Wertvolles über mich und meinen Mind lernen. Denn vieles von dem, was ich während der Meditation bewusst wahrnehme, passiert ja auch im Alltag in meinem Kopf und in meinem Körper, meist jedoch unbewusst.
Der Lachs steht sinnbildlich für all die Probleme, die wir gedanklich wälzen und wiederkäuen, die wir aber gerade gar nicht lösen können, wollen oder müssen. Unser Mind ist regelrecht “problemsüchtig”.
Er versetzt uns häufig in einen Zustand, der sich so anfühlt, als wären wir zur falschen Zeit am falschen Ort und würden das Falsche tun. Und er macht es dringend, jetzt sofort zu handeln, um an den richtigen Ort zu gelangen, um dort das Richtige zu tun.
Doch sehr häufig ist weder der Ort, an dem wir uns befinden, noch das, was wir dort tun, ein so großes “Problem”, dass wirklich dringender Handlungsbedarf besteht.
Tiefenentspannt sein
Manchmal fühlt sich ein Zeitraum während der Meditation wie “weg sein” im Sinne von Schlafen an. Und dann gibt es den Moment des Aufwachens, in dem ich realisiere: “Huch, wo warst du gerade, was hast du gedacht?” Möglicherweise sind es diese Momente, die mit dem berühmten “nicht denken” gemeint sind. Doch meistens bin ich während einer Meditation tiefenenspannt und gleichzeitig hochaufmerksam.
Und diese Kombination führt meiner Meinung nach dazu, dass sich eine Meditation wie ein Kurzurlaub in mir selbst anfühlt. Danach bin ich ausgeruht und habe mehr Klarheit über meine nächsten Schritte in der Außenwelt.
Interessant finde ich auch das Zeitempfinden während einer Meditation. Manchmal fühlen sich zwanzig Minuten deutlich länger an als andere Male. Mitunter signalisiert mir der Timer das Ende meiner Meditation und ich denke: “Wie jetzt, die Zeit ist schon rum?”
Und dann gibt es die Momente, in denen ich während einer Meditation plötzlich denke: “Jetzt müssten die dreißig Minuten aber bald rum sein.” Häufig meldet sich unmittelbar nach diesem Gedanken der Timer. Die innere Uhr scheint also irgendwie mitzulaufen.
Meditieren leicht(er) gemacht
Wenn du Meditieren lernen und üben willst, beginne mit überschaubaren Häppchen. Eine Meditation, die drei Minuten dauert, ist besser als gar keine Meditation. Eine gute Möglichkeit ist auch, mit angeleiteten Meditationen zu beginnen. Denn gerade zu Anfang kann es uns schnell überfordern, ganz alleine in und mit unserem Kopfkino zu sein.
Willst du ohne Anleitung meditieren, ist das Steuern der Atmung ein gutes Hilfsmittel. Denn es beschäftigt unseren Mind und beruhigt unseren Körper. Dabei gilt es lediglich darauf zu achten, dass du länger aus- als einatmest.
Eine weitverbreitete Atmung ist die sogenannte 4-7-8-Atmung. Wer sie anwendet, atmet im gleichbleibenden Rhythmus zählend auf vier ein, hält auf sieben die Luft an und atmet auf acht aus. Wie bereits erwähnt bevorzuge ich es, nach dem Ausatmen die Luft anzuhalten (3-5-8). Ich mag das Verweilen in der Atemleere. Doch auch das ist Geschmacksache.
Erlaube dir, diverse Körperhaltungen und -positionen wie auch verschiedene Methoden der Meditation und des bewussten Atmens auszuprobieren. Und versuche dabei, es so einfach und umsetzbar wie möglich zu halten. Nimm wahr, beobachte, lerne von dir über dich, passe in deinem Sinne an. Es gibt nicht die eine perfekte Meditation für alle.
Negative Auswirkungen von Meditation
Die meisten Menschen, die sich mit Meditation beschäftigen, berichten über positive Erfahrungen. Doch intensives Meditieren (Link führt zu tagesschau.de) über längere Zeit hinweg kann unter Umständen auch negative Auswirkungen haben. Das wurde vor allem bei mehrtägigen Schweige-Meditationsretreats (Vipasana) beobachtet, die bis zu 21 Tage lang dauern können.
So intensiv und lange sollten wir vor allem dann nicht meditieren, wenn wir psychisch sehr labil sind und oder schwere Traumata erlebt haben. Denn dann kann es zu einer mentalen und/oder emotionalen Überforderung kommen, die (professionelle) Hilfe nötig macht. Deshalb plädiere ich auch beim Thema Meditation für Balance.
Generell gilt, wenn es uns während einer Meditation – jenseits der anfänglichen unangenehmen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen – tendenziell immer schlechter geht, sollten wir die Meditation unbedingt abbrechen.
Meditation: (M)ein Fazit
Meditation ist per se kein Wundermittel. Doch wenn wir unsere eigene Form der Meditation finden und regelmäßig anwenden, kann diese simple Methode erstaunliche (Aus)Wirkungen auf unser ErLeben haben. Meditation kann entspannen, befreien und inspirieren.
Durch Meditation können wir Nahrung aus uns selbst beziehen und dabei gleichzeitig Kompensationsmethoden wie (Ess)Problemen Nahrung – nämlich Stress – entziehen.
Mind your inner observations.
MindMuse Simone