Guter Umgang mit schlechter Stimmung

Wenn du mich schon länger kennst, hast du dich vielleicht schon mal gefragt, warum ich mein SelbstHilfeProgramm LEICHTER schon mehrfach überarbeitet, bzw. neu konzipiert habe. Denn die erste Version ging bereits 2008 online und bekam äußerst positives Feedback. Möglicherweise hast du dir die Frage auch noch nicht gestellt. Trotzdem gibt es heute eine Antwort auf diese Frage. Vor allem, weil ich selbst sie mir auch schon mehrfach gestellt habe.

Und die Antwort hat zwei Seiten:

Einerseits habe ich mich selbst weiterentwickelt. Zwar sind meine Schritte nicht mehr so groß und offensichtlich, sondern eher klein und vielschichtig, doch sie sind vorhanden. Außerdem habe ich ebenfalls weitere Erlebnisse mit diversen MindMates im Mentoring gehabt. Auch dadurch mache ich immer mal wieder Erfahrungen, durch die ich Dinge heute anders weiter geben kann, als noch vor zehn Jahren.

Auf den Punkt gebracht würde ich sagen, dass ich heute mit weniger Worten mehr sagen kann. Die neue Version geht daher mehr in die Tiefe und weniger in die Breite. Es geht schneller ans Eingemachte.

Andererseits bedeutet das Erstellen eine so persönlichen Programms immer auch, dass ich selbst erneut intensiv mit mir und mit meiner Geschichte konfrontiert werde. Und manchmal kommen dadurch Dinge hoch, die ich selbst noch nicht ganz verarbeitet habe. Das gibt mir die Möglichkeit, diese Erlebnisse erneut “durchzukauen”, um sie besser “verdauen” zu können.

Kürzlich habe ich solch einen “Verdauungsprozess” durchlebt und davon möchte ich euch heute erzählen. Denn es zeigt nicht nur, dass der Weg nie ganz zu Ende gegangen ist, sondern auch, wie wichtig es ist, immer wieder bewusst Zeit mit uns selbst zu verbringen. Dates mit sich selbst zu haben ist entscheidend für das Gehen dieses Wegs und doch fällt es bei so vielen MindMates immer wieder hinten runter. Die beliebteste Ausrede hierzu lautet: “Keine Zeit”.

Keine Zeit haben kostet

Darauf kann ich nur erwidern: Ich kann es mir nicht leisten, keine Zeit für mich zu haben. Denn nur wenn ich mir die Zeit gebe, kann ich herausfinden, was eigentlich hinter dieser Ausrede steckt. Und das sind die Erlebnisse, die in den Tiefen und Untiefen unseres Unbewussten vergraben liegen und die uns das Leben schwer machen können.

Neulich gab es einen Tag, an dem der Rest meiner Familie bis zum späten Nachmittag unterwegs war. “Prima”, dachte ich mir, “dann kannst du mal wieder gemütlich frühstücken gehen. Und danach kannst du im Café in aller Ruhe weiter am Programm arbeiten.” Gedacht, getan. Ich suchte mir eine schöne Location aus, fuhr hin und frühstückte entspannt im Freien. Danach häkelte ich noch ein paar Runden und genoss das schöne Wetter, draußen im Schatten sitzend.

Irgendwann packte ich mein Notebook aus und begann mit Woche 6 des Programms, dessen Überschrift aktuell “Emotionale Erleichterung durch Verständnis und Vergebung” lautet. Zwar hatte ich alle relevanten Kapitel der älteren Versionen dabei, doch ich merkte schnell, dass auch diese Woche 6 komplett neu geschrieben werden wollte.

Und damit begann ich dann auch. Es geht in Woche 6 hauptsächlich um unangenehme Gefühle und deren Ursprünge in der Vergangenheit und Auslöser in der Gegenwart. Unter anderem beschrieb ich deshalb ein Schulerlebnis.

Altlasten annehmen

Ich saß dort in dieser schönen Location, hatte ausreichend Zeit und arbeitete. Und es wurde unangenehm. Ich fühlte mich innerlich immer schwerer. Dann registrierte ich folgenden Gedanken: “Was soll das, warum fühlst du dich nicht supergut? Du sitzt hier an diesem gemütlichen Ort, hast alle Zeit der Welt und kannst entspannt arbeiten. Was ist dein Problem?” Das war die gestrenge Stimme der “Unmöglichen” in mir.

Doch weil ich sie registrierte, konnte sie nicht weiter zetern mit dem Altbekannten: “Was soll das, du bist unverschämt, du solltest dankbar sein, mit dir stimmt etwas nicht, du bist so falsch, du wirst es nie schaffen, du bist einfach nicht gut genug …” Denn diesen Weg lasse ich sie nicht mehr gehen.

Innere Dialoge

Sondern ich setzte ihr innerlich “die Wohlwollende” entgegen und stellte die gleiche Frage in einer anderen Tonlage und mit der Bereitschaft, Verständnis zu haben: “Was ist dein Problem?” Die Antwort kam unverzüglich und lautete: “Mein Problem ist, dass das, worüber ich heute geschrieben habe, noch immer weh tut. Da ist noch immer Wut, es gibt noch immer Scham und Angst und all das erzeugt auch heute noch Hilflosigkeit.”

In diesem Moment verstand ich mich und hatte eine Erklärung für die Schwere in mir. Und ich wusste, dass ich diese Schwere nicht wegmachen kann. Aber ich konnte sie da sein lassen, sie mitnehmen, ohne mich komplett von ihr beherrschen zu lassen.

Danach bin ich nach Hause gefahren und habe diesem Tag innerlich einen “Gut-genug-Stempel” aufgedrückt. Ein mentaler Stempel, der dafür steht, dass es in Ordnung ist, wenn ein Tag – trotz bester Voraussetzungen – einfach nur okay ist. Und der Tag war okay, es ist ja nichts Dramatisches passiert. Ich habe mich lediglich an ein Drama erinnert.

Dann habe ich simple Dinge im Haushalt erledigt, mich bewegt. Denn nein, ich kann mir die emotionale Schwere nicht alleine mit meinem Kopf nehmen. Versuche ich das, begebe ich mich in einen inneren Kampf, in dem es nur Verlierer gibt. Doch ich kann etwas ganz anderes tun, Wäsche waschen zum Beispiel.

Nachts nochmal durchgekaut

In der folgenden Nacht hatte ich einen Traum, den ich schon mehrfach in unterschiedlichsten Varianten hatte: Ich träumte, dass ich mein Studium noch immer nicht beendet hatte. Und während des Traums durchlebte ich erneut intensiv die bodenlose Hilflosigkeit in der Abhängigkeit von etwas im Außen. An solche Träume kann ich mich am nächsten Tag gut erinnern, vor allem an die Emotionen.

Spätestens an diesem Punkt wusste ich, dass ich einen inneren Verarbeitungsprozess durchlebe, der seine Zeit braucht. Mein System musste da nochmal etwas durchkauen, um es besser verdauen zu können.

Also setzte ich mich an meinen Schreibtisch und schrieb einige richtig kindische und böse Briefe an die beteiligten Personen von damals. Briefe, die ich natürlich nicht abgeschickt habe. Denn ich habe sie lediglich für das verletzte Kind in mir geschrieben.

Zurück zur Leichtigkeit

Und mittags passierte es. Ich stand am Herd und rührte in der Pfanne. Dann spürte ich sie zurückkommen, die Leichtigkeit. Ich hatte das Bedürfnis, mir die Kopfhörer aufzusetzen, schnelle und laute Musik zu hören, mich dazu zu bewegen. Das tat ich dann auch – während ich weiter in der Pfanne rührte und zusehen konnte – wie sich meine Stimmung verbesserte.

Emotional schwere Zeiten, die früher Wochen oder Monate dauerten, dauern heute nur noch Tage oder Stunden. Doch es gibt sie noch immer. Und das ist okay.

MindMuse Simone