Warum ich beschlossen habe, perfekt zu sein!

Seit Wochen denke ich über dieses Thema nach: Warum streben wir alle Perfektion an, aber niemand scheint jemals dort anzukommen? Denn das heißt doch, dass wir alle irgendwo hin wollen – psychisch und physisch – aber das Ende dieser Reise niemals erreichen. Warum genießen wir nicht wenigstens die Reise?

perfekt?

Und irgendwann kam dieser unerhörte Gedanke in meinen Kopf: „Ich habe das alles so satt, ich beschließe jetzt, perfekt zu sein!” „Bist du völlig irre?“ meldete sich meine innere Kritikerin sofort zu Wort „Du bist Lichtjahre von Perfektion entfernt! Und wenn du diesen Gedanken öffentlich äußerst, werden dich alle für größenwahnsinnig und eingebildet halten. Außerdem kannst du das doch nicht einfach so beschließen…“

Jetzt mal ehrlich, was ist passiert, als du diese Überschrift gelesen hast? Fühlte sich deine innere Kritikerin provoziert und hat ihren Fokus weg von dir und hin zu mir gelenkt? Und was hat sie gesagt? „Naja, also sooo perfekt ist die ja nun auch nicht. Sie ist… und sie hat… ?!?“ Wir alle haben diese innere Kritikerin, die ständig an uns herum nörgelt. Sie sagt uns, dass wir – und manchmal auch die anderen – zu dick, zu doof und zu depressiv sind.

Denn ihre Meinung wird tagaus und tagein von sämtlichen Medien und Mitbürgern befeuert. Es gibt immer Irgendetwas, was perfektioniert werden sollte, denn damit verdienen viele Menschen viel Geld. Und wie ihr gerade gelesen habt, habe ich sie natürlich auch noch, diese innere Kritikerin. Allerdings ist mir schon sehr lange bewusst, dass sie existiert. Und dass ich die Wahl habe, auf sie zu hören, oder auch nicht. Sie ist die Stimme meines Ur-Glaubenssatzes „Du bist nicht gut (genug)“ und es ist scheinbar ihr Job, mich immer wieder daran zu erinnern. Aber muss es deshalb der Realität entsprechen, was sie sagt? Und ist es mein Job immer wieder zu versuchen, diese Nörgel-Ziege zufrieden zu stellen?

So lange wir uns zu 100% mit dieser Kritikerin identifizieren, haben wir diese Wahl nicht. Denn dann verwechseln wir andauernd die Kritikerin mit der Realität. Wir sind so sehr auf Äußerlichkeiten, auf „höher, schneller, weiter, besser“ fixiert, dass wir gar nicht mehr auf die Idee kommen, zu genießen, wer wir sind. Und wir kommen viel zu selten auf die Idee, diese sogenannten Ziele zu hinterfragen.

Wollen wir das alles wirklich?

Kennst du Gedanken wie: „Wenn ich endlich mein Traumgewicht erreicht habe, dann… Oder: „Wenn ich in zwei Jahren meinen Studienabschluss in der Tasche habe, dann…“ Oder, ganz beliebt: „Wenn ich endlich meinen Traumprinzen gefunden habe, dann…“

Ich hatte mal mein damaliges sogenanntes Traumgewicht. Und was passierte? War ich endlich perfekt? Nein, meine innere Kritikerin flüsterte mir: „Das ist ja ganz okay, aber wenn du noch zwei Kilo weniger hättest, dann…“ Und ich hatte auch irgendwann meinen Studienabschluss und den passenden Mann dazu. Prompt fing die Nörgel-Ziege an, über etwas anderes zu meckern…

Eigentlich geht es uns gar nicht darum, perfekt zu sein. Wir wollen die Erlaubnis von anderen Menschen, so zu sein wie wir sind und wir glauben, dass Perfektion Teil dieses Deals ist. Denn je „perfekter“ wir uns präsentieren, desto weniger Angriffsfläche bieten wir. Kürzlich habe ich ein Interview mit Oprah Winfrey gesehen und sie sagte sinngemäß: „Ich habe während der letzten Jahre sehr viele Menschen interviewt, vom Präsidenten bis zum Perversen, und alle fragten mich hinterher das selbe: „War das so okay, war es, gut, was ich gesagt habe?“

Was ist, wenn wir diese Erlaubnis von anderen Menschen gar nicht brauchen?

perfekt!

Ich habe für mich beschlossen, perfekt zu sein. Und das heißt nicht, dass ich mich für die Schönste und Beste halte und es heißt auch nicht, dass ich am Ende meiner Reise angekommen bin. Sondern es heißt, dass ich so wie ich bin, völlig okay bin. Ich bin eine Frau, die ihrem Körper 10 Jahre lang eine Essstörung zugemutet hat, weil sie ihn für das Problem gehalten hat. Und ich bin eine Frau, die genau damit ihren Frieden gemacht hat. Denn ohne diese Essstörung wäre ich heute nicht da, wo ich bin und ich wäre nicht die, die ich bin. Und es gäbe auch lebenshungrig nicht.

Es ist nicht so, dass mir Äußerlichkeiten wie Aussehen oder Leistung völlig egal wären. Es ist eher so, dass sie einen anderen Stellenwert für mich bekommen haben. Es hat Verschiebung meiner Wahrnehmung statt gefunden. Denn ich habe begriffen, dass Schönheit, Leistung und Anerkennung mich nur sehr kurzfristig glücklich und zufrieden machen. Außerdem sind all diese Dinge vergänglich, egal, wie sehr ich mich bemühe… Und höre ich auf meine innere Kritikerin, wird das Streben nach Perfektion das berühmte Fass ohne Boden…

Wann wirst du perfekt sein?