Die meisten Frauenzeitschriften
sind Anti-Frauen-Zeitschriften

Eigentlich sollte man ja meinen, dass Frauenzeitschriften großes Interesse daran haben, über das Thema Essstörungen zu berichten. Denn Essstörungen sind nach wie vor hauptsächlich ein Frauenthema und daher stimmt die Zielgruppe überein.

Aber dem ist leider nicht so. Diese Erfahrung haben schon einige Bekannte gemacht, als sie versuchten, das Thema an Frauenzeitschriften heranzutragen. „Ja, das ist ein wichtiges Thema. Aber wir können doch nicht auf der einen Seite Models zeigen und dann ein paar Seiten weiter …“ Ja, was? Etwa die Kehrseite des Schönheitswahns darstellen?!?

Und auch mir erging es ähnlich, als ich letztes Jahr als LifeStylistin in die Redaktion einer neuen Frauenzeitschrift in ein großes deutsches Verlagshaus eingeladen wurde. Die Idee war, mit Bloggerinnen zusammen zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Gar keine schlechte Idee. Nur bin ich – glaube ich – versehentlich eingeladen worden. Denn ich fand mich zwischen 5 klassischen Mode-Bloggerinnen wieder. Und auf der LifeStylistin ging es ja nun nicht um Mode, sondern um das „Stylen“ seines Lebens. Weil ich aber nun schon mal da war und sich die komplette Redaktion sehr viel Mühe gegeben hat, habe ich auch das Thema Essstörungen zur Sprache gebracht. Es folgte eher betretenes Schweigen. Die Fotografin äußerte sich dann zögerlich und sagte, dass sie schon mal ein Model nach Hause geschickt habe, weil es zu dünn war. Ja, man kenne natürlich die Problematik, aber die Leserinnen wollten nun mal die Mode an perfekten Models sehen, wurde argumentiert. Eine Modebloggerin bestätigte dies und schon wurde das Thema gewechselt.

Was wollen die Leserinnen von Frauenzeitschriften?

Wollen sie das, die Leserinnen? Keine Ahnung. Denn ich bin seit Jahren keine mehr. Sogenannte Frauenzeitschriften finden bei mir nur alle 8 Wochen beim Frisör statt und dabei erinnere ich mich dann auch regelmäßig, warum die Verleger von Frauenzeitschriften seit 15 Jahren kein Geld mehr an mir verdienen. Obwohl es durchaus gute Ansätze bzw. Artikel gibt, sind die meisten der sogenannten Frauenzeitschriften für mich Anti-Frauen-Zeitschriften.

Denn was finden wir hauptsächlich in diesen Frauenzeitschriften? Aktuelle Mode an spindeldürren, bis zur Unkenntlichkeit gephotoshoppten Models, die totsicher funktionierende, trendige Diät und Tipps, wie man sich verbiegt und den Lover an der Stange hält. Dann gibt es natürlich noch Unmengen an Werbung für Produkte die uns dabei helfen sollen, das Unperfekte perfekt zu machen…

Welche Wirkung haben Frauenzeitschriften?

Kurz und gut: Es geht um Äußerlichkeiten und um die Bestätigung von anderen Menschen. Und daher bin ich der Meinung, dass die sogenannten Frauenzeitschriften dafür sorgen, dass Frauen unzufriedener und unsicherer werden. Ein reicher Nährboden für Essstörungen…

Das bestätigt übrigens eine Studie der Uni Mainz. Das Fazit dieser Studie besagt:  „Es scheint, dass es einen höheren Konsum von schlankheitsbetonten Medien (besonders Zeitschriften) bei Frauen mit Essstörungen gibt. Es zeigt sich außerdem die Neigung, zu vermehrten Vergleichen mit anderen Frauen (auch mit Models). Aus diesen Vergleichen resultieren vermehrt negative Gefühle, so dass anzunehmen ist, dass Vergleiche auch zu einer erhöhten körperlichen Unzufriedenheit beitragen.“

Da stellt sich mir mal wieder die berühmte Henne-Ei-Frage: Werden die Frauenzeitschriften auf Grund der Unzufriedenheit konsumiert oder macht das Konsumieren der Frauenzeitschriften erst unzufrieden?

Doppelte Botschaften von Frauenzeitschriften

Ich finde diese doppeldeutige Scheinheiligkeit gelinde gesagt zum Kotzen. Aktuelles Beispiel ist die englische Jung-Mama Kate. In diversen Magazinen ist sie flach bäuchig und bauchfrei zu sehen und es wird bewundernd geäußert, dass „schon so kurz nach der Geburt nichts mehr von ebenjener zu sehen ist.“ Aber hey Leute, seid ganz entspannt, dass ihr im Vergleich dazu noch 13 kg mehr auf den Rippen habt, euch wie eine undisziplinierte Versagerin vorkommt und euch optisch für einen gestrandeten Wal haltet. Lieb dich doch einfach, wie du bist, das wird schon wieder und wir haben hier auch zufällig die passende Diät …, blabla. Die verstorbene Schwiegermutter der guten Kate, Lady Diana, fand es ja bekanntlich ebenso zum Kotzen wie ich…

Ich möchte hier weder Spielverderberin noch Moralapostel sein. Natürlich sind Mode, Aussehen etc. nicht völlig unwichtig und es macht auch Spaß, sich damit zu beschäftigen. Wenn das Maß stimmt und wenn die Wichtigkeit passt. Wir sind so viel mehr als unser Aussehen und unsere Leistungen.

Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit. Ich wünsche mir mehr Realität. Ich wünsche mir mehr Bewusstsein. Ich wünsche mir Frauenzeitschriften, die bereit sind, sich die Kehrseite des Schönheits- und Schlankheitswahns offen anzuschauen und zu reagieren, zu experimentieren.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ich wünsche mir Frauenzeitschriften, die tatsächlich Pro-Frau sind.

Ich wünsche es mir für uns alle und auch für die jungen, hübschen und netten Radaktionsmitarbeiterinnen, die letztes Jahr während meines Besuches bei jeder Gelegenheit in die hungerunterdrückende Raucherpause gehastet sind…

Wie gehst du mit dem Medium Frauenzeitschriften um, welche liest du und warum?

lebenshungrige Grüße

Simone