Die “ehrbare” Arbeitssucht und Essstörungen

Gerade habe ich mal wieder eine Mail von einer Frau bekommen, in der in etwa Folgendes steht: „Ich arbeite ungefähr 60 Stunden die Woche und nebenbei mache ich noch ein Abendstudium und dann leite ich noch ehrenamtlich das Projekt XY0815 und …“

Immer wieder erlebe ich es, dass Essstörungen mit einem total vollgestopften Leben einhergehen. Solche Frauen machen, leisten und tun und doch ist es scheinbar nie genug. Sie sind häufig frustriert und erschöpft und bei manchen passiert es, dass Rückfälle in die Essstörungen dazu führen, dass sie ins Gegenteil verfallen, sich einigeln und lethargisch mit ausgeschalteter Klingel auf dem Sofa vor sich hin dämmern.

Wenn dir dieses Verhalten bekannt vorkommt, dann kann es sein, dass du von Arbeitssucht betroffen bist.

Was ist Arbeitssucht?

Wahrscheinlich kennst du den aus dem Englischen stammenden Begriff „Workaholic“. Er beschreibt in Anlehnung an den Begriff Alkoholiker Menschen, die so viel arbeiten, dass man von Arbeitssucht sprechen kann. Im Gegensatz zum Alkoholiker werden Menschen mit Arbeitssucht jedoch häufig von ihrer Umgebung positiv wahrgenommen, denn wenn jemand viel arbeitet und leistet bewundern oder beneiden wir solche Menschen häufig.

Wie auch bei den Essstörungen ist der Unterschied zwischen „normal“ und „krankhaft“ ein individueller, schmaler Grat.

Die anonyme Selbsthilfegruppe AAS definiert Arbeitssucht wie folgt:

Symptome der Arbeitssucht

  • Du hast Angst vor der Arbeit und brauchst lange, um endlich anzufangen.
  • Du kannst dich nicht auf die Arbeit konzentrieren und verzettelst dich oft.
  • Du nimmst dir viel zu viel vor und arbeitest bis zur völligen Erschöpfung.
  • Du beurteilst dich und deinen Tag fast ausschließlich nach der Menge der geleisteten – mehr noch der nicht geleisteten – Arbeit.
  • Dein Perfektionsanspruch lähmt dich oft völlig bei der Arbeit.
  • Du weist Kontakte, Einladungen und Unternehmungen mit dem Hinweis auf “zuviel Arbeit” zurück.
  • Du kannst zwischen Freizeit und Arbeitszeit nicht trennen und denkst auch in der Freizeit dauernd an die Arbeit (und umgekehrt).
  • Du stehst häufig unter Zeitdruck.
  • Du möchtest möglichst viel in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand erreichen.
  • Du glaubst, “erst etwas leisten” zu müssen und dir dein Lebensrecht durch Arbeit beweisen zu müssen.
  • Du schämst dich deiner Arbeitsschwierigkeiten oder Arbeitssucht und magst mit niemandem darüber sprechen.

 Mögliche Ursachen der Arbeitssucht

Hinter der Arbeitssucht steht – genau wie hinter den Essstörungen – der Wunsch nach Anerkennung. Wir wollen perfekt aussehen und auch unsere Leistungen sollen perfekt sein. Daher zeigen sehr viele Frauen mit Essstörungen auch Anzeichen von Arbeitssucht. Ich denke, dass alle Süchte letztlich auf den einen “Schlüsselglaubenssatz” zurück zu führen sind, den wir alle kennen: “Du bist nicht gut genug”. Er bedeutet für uns z. B. du bist nicht schön genug, nicht dünn genug, nicht schlau genug, nicht reich genug, nicht erfolgreich genug.

Raus aus der Arbeitssucht

Da die Ursachen der Arbeitssucht den der Essstörungen ähneln ist auch der Weg raus aus der Arbeitssucht ähnlich: Wir müssen uns mit den Ursachen dieses Schlüsselglaubenssatzes auseinandersetzen, uns selbst verstehen lernen, um uns dann die Anerkennung zu geben, die andere uns nie in ausreichender Form geben werden können.

Wie siehst du das mit der Arbeitssucht?

lebenshungrige Grüße

Simone