Die neunundvierzigste Geschichte (d)einer Essstörung

Eine weitere mutige Frau, die ihre Geschichte mit uns teilt:

Begonnen haben erste Essstörungen schon in der Kindheit, ich war pummelig, nimmersatt, meine Mutter musste mir oftmals das Essen wegnehmen, so wie sie erzählt. Ich hätte immer Hunger gehabt und sei unersättlich gewesen. Das hat sie mir auch oft und gerne später immer wieder erzählt und sich quasi als „Retterin“ hochgehoben, denn sie hatte ja verhindert, dass ich dick geworden wäre…

Ich wuchs und entwickelte mich und war dann ein normalgewichtiger Teenager, immer so an der Grenze zu pummlig, was mich extrem stresste und unglücklich machte. Weitere Kommentare meiner Mutter betreffend meinem Gewicht haben mich immer sehr tief verletzt. Ich hatte einfach oft großen Hunger, ständig Gelüste und mich nicht wirklich gut im Griff. Mit 16 nahm ich erstmals ab, begann zu laufen, aß sehr wenig, wurde kurzzeitig dünner, um dann wieder zuzunehmen. So ging das jahrelang. Mal war ich happy, weil ich es schaffte, etwas weniger zu essen, mal nahm ich wieder zu.

Mittlerweile habe ich zwei Kinder und zwei Stiefkinder und bin glücklich verheiratet, aber nicht glücklich in meiner Haut.

Mein Gewichtsproblem – es sind einfach immer fünf Kilo zuviel – begleitete mich ständig.

Ich begann als Erwachsene, jegliche Ernährungstrends zu testen, immer mit dem einzigen Ziel, abzunehmen. Ich ernährte mich sechs Monate strikte vegan, nahm zuerst ab, dann wieder zu, dann wechselte ich zu low carb, dann zu Paleo und schlussendlich beschloss ich, wieder einfach normal zu essen. Momentan ist meine oberste Priorität, einfach normal zu essen und wieder zu spüren, wann ich Hunger habe und wieviel Nahrung ich benötige.

Ich habe momentan wieder vier kg zugenommen. Ich kann zur Zeit keinen Sport machen, da ich Knieprobleme habe. Oft habe ich Essen mit Sport kompensiert. Das geht momentan eben nicht, aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht, da ich mal gezwungen bin, einfach auf meinen Körper zu hören.

Nun ja, mit Hypnosetherapie und viel neuem Wissen über emotionale Ernährung versuche ich mich zu heilen, aber es gelingt mir (noch?) nicht. Ich überesse mich täglich, schon morgens früh stopfe ich mich voll mit Müsli, vormittags gehts dann weiter. Mittags esse ich gesund, normal, dann aber während dem Küche aufräumen esse ich weiter, Brot mit Butter und Honig, völlig irr, stopfe ich mich voll.

Abends möchte ich weniger essen, aber mal begonnen kann ich mich schlecht bremsen. So habe ich momentan täglich einen riesen Frust, fühle mich unwohl und spüre förmlich, wie ich auseinandergehe. Viele meiner Jeans passen nicht mehr und obwohl ich das realisiere, kann ich mich nicht bremsen. Ich bin oft müde, abgespannt, habe einen stressigen Patchwork Tag. Aber trotz allem Wissen schaffe ich es nicht, das Essen zu lassen. Es ist wirklich schlimm momentan. Ich denke, ich muss noch durchhalten, es ist lange her, dass ich einfach normales Essen zu mir genommen habe, es war immer entweder vegan, zuckerlos, etc etc. Momentan koche ich völlig normal. Nun gerät alles aus den Fugen. Aber ich weiß, dass dies der richtige Weg ist, normal Kochen, mit Freude und Sorgfalt, normal Essen. Keine Gesetze mehr, keine Verbote mehr, keine Schuldgefühle mehr.

Aber es ist so schwierig…

Wo findest du dich in dieser Geschichte wieder und was nimmst du daraus mit?

Das Aufschreiben und Veröffentlichen deiner eigenen Geschichte hilft dir und anderen!

Schicke mir die Geschichte deiner Essstörung an info@lebenshungrig.de und ich veröffentliche sie hier anonym.

lebenshungrige Grüße

Simone