Steffis Weg raus aus der Essstörung, rein ins Leben Teil 9: Ich darf auch mal egoistisch sein!
Hier findet ihr die ersten acht Teile von Steffis Geschichte
Egoistisch zu sein, so haben wir alle gelernt, ist etwas Verwerfliches und Schändliches. Deswegen sagen wir “ja” wenn wir eigentlich “nein” meinen, stecken zurück, geben klein bei und nehmen mehr Arbeit auf uns als wir eigentlich bewältigen können.
Menschen mit einer Essstörung haben meistens ein ausgeprägtes Verlangen danach, es anderen Leuten recht zu machen und verhalten sich dementsprechend absolut un – egoistisch. So wie ich früher auch. Nun ist es aber folgendermaßen: Wenn man seine Bedürfnisse überhaupt nicht berücksichtigt, dann ist das ebenso schädlich, wie wenn man nur an sich und die Erfüllung seiner Bedürfnisse denkt. Davon könnt ihr mir bestimmt alle ein Lied singen.
Erst als ich mit Simone’s Workshop angefangen habe, habe ich wirklich gelernt egoistisch zu sein. Ich habe gelernt, dass es einen Unterschied zwischen ungesundem und gesundem Egoismus gibt. Unter gesundem Egoismus verstehe ich jetzt, dass wir unsere Bedürfnisse und Wünsche kennen, sie äußern und darauf achten, dass sie erfüllt werden.
Heute sage ich NEIN wenn ich lieber daheim bleiben will als mit Freunden auszugehen. Ich sage NEIN wenn mich ein Freund etwas bittet für ihn zu erledigen, ich aber selber schon so viel zu tun habe. Und ich sage offen und ehrlich meine Meinung, sei es wenn es um die Urlaubsplanung oder den Speiseplan für Weihnachten geht. Und denke dabei an erster Linie an mich und mein Wohlbefinden. Ohne Schuldgefühle.
Desto egoistischer ich bin und desto besser ich um mich kümmere, desto mehr kann ich mich danach auch wieder auf andere Menschen konzentrieren. Das klingt erst nach einem Wiederspruch, ist es aber nicht. Ich habe jetzt nicht mehr das Gefühl, in einem Zustand des Mangels zu leben und habe den geistigen “Kopfraum” um mir über die Probleme, Sorgen etc. von anderen Gedanken zu machen. Früher wäre es mir nie in den Sinn gekommen, anderen Leuten mit kleinen Geschenken oder netten Gesten eine Freude zu machen. Jetzt tue ich das aber andauernd und habe total Freude daran! Ich glaube, dass das ein eindeutiges Zeichen dafür ist, dass ich mich “genug” um mich kümmere und mich selber wohl und versorgt fühle und mich somit mich bereit fühle, meine Energie auch in andere Leute zu investieren.
Meine Gesundheit und Glück geht vor, es ist die Priorität in meinem Leben. Mein Ziel ist, dass ich 100% gesund und von meiner Essstörung geheilt bin, und ich werde was das anbelangt keine Kompromisse eingehen.
In kurz: Egoistisch sein hat mein Leben gerettet.
Wie siehst du das mit dem egoistisch sein?