Feiertags-Survival-Guide für Frauen mit (Ess)Problemen

Weihnachten, das Fest der Liebe, steht vor der Tür. Für Frauen mit (Ess)Problemen ist es allerdings oft ein Fest des Stresses und der permanenten Versuchungen.

Das hat vor allem zwei Gründe:

Zum einen verbringen die meisten von uns Weihnachten mit ihrer (Ursprungs)Familie. Und viele Ursachen unserer Probleme sind in dieser Ursprungsfamilie entstanden bzw. werden – sofern wir bereits eine eigene Familie haben – oftmals dort „weiterentwickelt“. Aber weil Weihnachten ist, wollen wir uns ja alle von unserer besten Seite zeigen und Konflikte vermeiden. Das heißt allerdings nicht, dass die nicht unterschwellig da sind. Und genau dieser Eiertanz verursacht uns oftmals Stress.

Wir sind wegen irgendetwas wütend, verletzt oder traurig, wollen dies aber nicht zum Thema machen. Oder es reißen einfach alte Wunden auf, ungesunde Verhaltensmuster werden uns bewusst. Dann fühlen wir uns alleine damit und fragen uns, warum das außer uns niemandem auffällt und ob wir vielleicht einfach zu empfindlich – zu anders – falsch – sind.

Zum anderen gibt es ständig irgendwo irgendetwas Besonderes zu essen und wir können – weil wir ja so höflich sind und niemandem auf die Füße treten wollen – nicht angemessen NEIN sagen.

Die folgenden sechs Ideen können dir dabei helfen, Weihnachten entspannter zu (er)leben:

1: Gleichgewicht: Sorge für ausreichend Zeit mit dir alleine bzw. mit anderen

Frauen mit Essstörungen schwanken meist zwischen zwei Extremen. Entweder, sie isolieren sich dauerhaft und sind sehr häufig alleine oder sie sind immer und ständig in Action und unterwegs mit anderen, damit sie nur nicht zur Ruhe kommen.

Gehörst du zu einem dieser beiden Pole? Wir Menschen brauchen alle Zeit, die wir ganz mit uns alleine verbringen. Und wir brauchen alle Zeit, die wir mit anderen Menschen verbringen. Wie oft wir was brauchen ist ganz individuell.

Doch je glücklicher und gesünder wir sind, desto mehr können wir die Zeit mit uns selbst genießen.

Es gibt einen großen emotionalen Unterschied zwischen alleine sein und einsam sein.

Frauen, die sich stark isolieren, sind meist einsam und versuchen ihre Leere mit Essen zu füllen. Frauen, die ständig mit anderen zusammen und unterwegs sind, lassen sich  mit Hilfe eines Rückfalls zum alleine sein und/oder zu Pausen „zwingen“.

In beiden Fällen erfüllt die Essproblematik eine Funktion.

Doch was passiert, wenn du diese Leere anders füllst bzw. dir bewusst Zeit mit dir alleine und für Pausen schenkst?

Gehen wir mal davon aus, dass du Weihnachten bis Neujahr frei hast und viel Zeit mit deiner Familie verbringst. Dann sorge dafür, dass du täglich eine Stunde Zeit für dich alleine hast. Bist du allerdings sehr isoliert und hast weder Familie noch Freunde, dann sorge dafür, dass du während dieser Zeit mindestens eine Stunde täglich Kontakt zu anderen Menschen hast.

Es fällt dir schwer, dafür zu sorgen?

Das zeigt, wie wenig wichtig deine eigenen Bedürfnisse in deinem Leben sind.

Es zeigt die Ursache deiner Essproblematik!

2: Druckabbau durch 20 min Schreiben

Ich halte schreiben für ein großartiges Werkzeug. Es ist eine leichte Sache, für die wir nicht viel brauchen und die jede kann. Aber wir müssen es eben machen. Besorge dir ein nettes Helft, einen schönen Stift, oder krame einfach dein altes Tagebuch heraus. Glaube mir, es gibt immer etwas zu schreiben und es funktioniert immer. Dabei ist gar nicht so wichtig, was du schreibst, sondern dass du schreibst.

Drücke das verbal aus, was du sonst so häufig unterdrückst.

Und vielleicht machst du sogar nach den Feiertagen mit regelmäßigem Schreiben weiter. Eins noch: Lies dein Geschriebenes nicht mehr. Wenn die Woche vorbei ist, wartest du noch einige Tage und dann liest du, was du geschrieben hast. Ich bin mir sicher, dass du ein gewisses Muster erkennen wirst, was und worüber du schreibst. Das werden Dinge sein, die dir bis dato nicht in dieser Form bewusst waren.

Schreiben erfüllt also zwei Funktionen: Zum einen hilft das Schreiben dir, mentalen Druck abzubauen, zum anderen offenbart es dir für die Ursache deiner Essproblematik relevante Themen.

3: Druckabbau durch 20 min Bewegung

Setze deinen Körper bewusst ein in dem du ihn bewegst und/oder beruhigst.

Unser Körper ist der Spiegel unseres mentalen und emotionalen Zustands.

Doch genau das funktioniert auch umgekehrt. Wir können durch den bewussten Einsatz unseres Körpers unseren mentalen und emotionalen Zustand positiv beeinflussen. Verspürst du großen Druck in deinem Körper, schüttele ihn für eine Minute kräftig aus.

Setzte dann deinen Atem ganz bewusst ein. Atme tief ein und lange aus. Das vermittelt deinem Körper Sicherheit und er entspannt. Damit deine Gedanken dabei nicht abschweifen, kann dir zählen helfen. Zähle beispielsweise einatmend bis drei und ausatmend im selben Tempo bis fünf. Beim nächsten Atemzug zählst du einatmend wieder bis drei und ausatmend bis sechs. Danach drei-sieben, drei-acht, usw. Wenn du an deiner „Ausatmen-Grenze“ angekommen bist, bleibe dort für einige Atemzüge.

Und danach meditiere, mach ein paar Dehnungsübungen oder gehe spazieren.

Auch dabei kannst du dich immer wieder auf deine Atmung fokussieren. Je langsamer und länger du ausatmest, desto leichter kann dein System entspannen. Ein entspanntes (Körper)System sorgt auch für einen entspannteren Mind. Du kannst Situationen dadurch objektiver und realistischer betrachten. Und das ist die Voraussetzung dafür, dass du dich besser fühlst, in deinem Sinne entscheidest und gesündere Erfahrungen machen kannst.

Dein Körper – den du so oft als deinen Feind empfindest – kann so zu deinem besten Verbündeten werden.

4: Druckabbau durch 20 min kreativen Ausdruck

Die verbleibende Zeit machst du etwas, was du richtig gerne machst, oder schon immer mal ausprobieren wolltest: Musik machen, malen, tanzen, basteln, handarbeiten…

Sei kreativ, drücke dich selbst, dein Selbst, ganz individuell aus!

Entscheidend ist, dass es dabei um den Prozess des Erschaffens geht und nicht darum, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen.

Es geht darum, deine Seele satt zu machen. 

Natürlich kannst du auch länger als eine halbe Stunde schreiben und viiiiiiel länger als eine halbe Stunde kreativ sein.

Aber mache es alleine.

Denn nur dann kannst du dich selbst dabei beobachten und Entscheidendes über dich lernen:

Weiß ich überhaupt, was mir Spaß macht?

Gebe ich mir die Zeit, Dinge einfach auszuprobieren?

Erwarte ich perfekte Ergebnisse von mir?

Zweifele ich an, diese Sache überhaupt machen zu können/dürfen?

Ist sowas nicht unnötig und überflüssig?

Hier findest du eine Menge Schreibfutter für dich…

5: Vereinbare einen Telefontermin mit einer Vertrauensperson:

Hast du eine Freundin/Bekannte, die möglicherweise ebenfalls ein (Ess)Problem hat und mit der du dich austauschst? Dann vereinbare heute noch einen Telefontermin für die Weihnachtszeit mit dieser Person. Das Wissen um den Termin ist eine Art Rettungsinsel, für die du bewusst sorgst.

Eine solche Person gibt es nicht? Niemand weiß von deiner (Ess)Problematik und du glaubst, alleine damit klar kommen zu müssen?

Dann mache es zu deiner Rettungsinsel, Austauschmöglichkeiten für dich zu finden. Es gibt Selbsthilfegruppen, Foren, usw.

Heimlichkeiten jeglicher Art füttern die (Ess)Problematik.

Denn du hältst ständig etwas von dir zurück, du hältst dich zurück.

Du hast (Ess)Probleme, doch du bist weder alleine damit, noch Schuld daran.

6: Frühstücke bewusst und gemütlich:

Um Rückfälle zu vermeiden, kannst du auch auf der körperlichen Ebene etwas tun. Rückfälle bzw. „Fressdruck“ treten meist erst nachmittags auf. Wenn du es also schaffst, in Ruhe und bewusst zu frühstücken, – um deinen Serotoninspiegel einigermaßen konstant zu halten – beugst du auf körperlicher Ebene einem Rückfall vor.

Es ist keine wirklich gute Idee, den ganzen Vormittag nichts zu essen in der Hoffnung, eine Mahlzeit weg lassen zu können um Kalorien zu sparen. Denn dadurch sorgst du dafür, dass das (körperliche) Verlangen nachmittags und abends um so größer wird.

Und mach dir bitte Folgendes bewusst: Ein Rückfall in die Esssproblematik ist „nur“ ein Rückfall. Versuche – am besten schriftlich – herauszufinden, warum du ihn hattest. Was hat ihn angefüttert?

Dadurch kannst du einen Rückfall zu einem Fortschritt machen.

Denn je mehr du verstehst, was ihn wie anfüttert, desto leichter kannst du diese Situationen vermeiden bzw. lernen, dich anders zu verhalten. Und das Vermeiden bestimmter Situationen bzw. neue Erfahrungen sorgen mit der Zeit dafür, dass du immer weniger Rückfälle hast.

Ich hoffe, dass dir diese Ideen helfen und du dich mit ein bisschen Vorbereitung entspannter und mit Vorfreude auf die Feiertage einlassen kannst!

lebenshungrige Grüße

Simone

P.S.:

Falls du die Zeit „Zwischen den Jahren“ bewusst nutzen möchtest und nicht (nur) frei schreiben magst, kannst du dazu das PDF Rückblick für Fortschritte  nutzen. Lade es dir runter und drucke es aus. Und dann füllst du einfach jeden Tag eins der sieben Blätter aus.

P. S.S.:

Und hier findest du noch mal die Weihnachtsgeschichte, die ich letztes Jahr für euch geschrieben und aufgenommen habe: SANTA – Ein sattes Weihnachtswunder